Supermarkt und Discounter – handcrafted versus easy drinking

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Roots. Rocks. Intrigue. Since 1883, Concannon Vineyards has been handcrafting fine varietal wines from grapes grown along the Central Coast of California, …  “ So beginnt der ausführliche Text auf dem Rückenetikett eines 2007 Petite Sirah, Central Coast von Concannon Vineyards, den es ab Juni bei Kaiser’s Tengelmann zu kaufen gibt. Preis 6,99 Euro.

Petite Sirah - links vom Discounter, rechts aus dem Supermarkt

Petite Sirah - links vom Discounter, rechts aus dem Supermarkt

Das Vorderetikett zeigt in edlem Silber-Grau das Eingangtor zu imaginären Rebbergen. Der Schriftzug CONCANNON prangt prominent auf dem Etikett.  „Amaerica’s first petite sirah“ so eine weitere Zeile auf dem Etikett. In der Tat wurde seit 1961 auf gut 56 der 80 ha des Weingutes die Petite Sirah gepflanzt, eine weitgehend mehltau-resistente Rebsorte, die in Frankreich nach ihrem Züchter Durif heißt.

Die Ausstattung ist edel, die schwere Flasche unterstützt den wertigen Eindruck. Der dazugehörige Presse-Text hebt darauf ab, daß Concannon als „eines der ältesten und renomiertesten Weingüter in Kalifornien überhaupt“ gilt. Der Betrieb wurde 1883 von dem irischen Einwanderer James Concannon gegründet. Mit John Concannon ist heute ist die vierte Generation auf dem Weingut tätig. Für weitere ausführliche Informationen wird selbst auf dem Kork-Brand auf die Concannon-Website hingewiesen. Concannon arbeitet sowohl in den Reben als auch im Keller nach ökologischen und umweltschonenden Standards. Wir konnten uns im letzten Herbst davon überzeugen.  Der Petite Sirah ist also ein richtiger „Estate„-Wein: wertig, Genuß versprechend, von einem Absender mit Tradition.

Petite Sirah beim Discounter

Amerikanische Woche bei Lidl. Dabei: zwei Weine aus Kalifornien. Einer davon ein 2007 Petite Sirah, Coastal Selection von North Brigde Vineyards. Im Handzettel heißt es: „Petite Sirah wird seit über 140 Jahren in Kalifornien angebaut. Beliebt wegen seiner dunklen Farbe und seinem vollmundigen Kirscharoma, mit einer weichen Eichenholznote. · Genießen Sie diesen außergewöhnlichen Petite Sirah z.B. zu Rind- oder Lammgerichten“ – Preis 5,99 Euro

Die gleiche schwere Flasche, der gleiche (diesmal ungebrandete) Kunstoffkorken und die auf gleiche Art und Weise eingelaserte Chargennummer. Auf dem Vorderetikett die stilisierte Golden Gate Brücke, die „North Bridge“ eben.  Auch auf dem Rückenetikett geht es in deutscher und polnischer Sprache um Essen und Trinken mit Freunden und gutem kalifornischem Wein.  Kein Hinweis auf Winzer, Weingut, Tradition. Auch kein Hinweis auf eine Website.  Hier ist der Petite Sirah ein Wein zum Essen und alsbaldigen Verbrauch: „Fresh, easy drinking, forward style„.

Well done! Verschiedene Absatzkanäle brauchen nicht nur unterschiedliche Preise und unterschiedliche Ausstattung. Für den gleichen Wein braucht es auch je nach Zielgruppe unterschiedliche Argumente. Hier Wertigkeit, Differenzierung, dort easy drinking.

Ein Vertrieb, differenziertes Marketing

Unsere beiden Weine sind ein schönes Beispiel für differenziertes Marketing. Es darf vermutet werden, daß beide Weine aus den gleichen Ressourcen und der gleichen Kellerei in Livermore CA stammen: Concannon Vineyards gehört seit 2002 zur Wine Group (TWG) . TWG ist nach Constellation und  Gallo weltweit die drittgrößte Wein-Firma. Sie ging 1981 aus einem Management Buyout der New Yorker Coca-Cola Bottling Co. hervor. Concannon füllt für die Gruppe in Livermore südlich von San Francisco zahlreiche Markenweine ab. „North Bridge“ ist eine eingetragene Marke der Wine Group.

Zweimal eine relativ ungewöhnliche Rebsorte im Angebot des Handels: da vermuten selbst Weinfreunde einen Zusammenhang. Im Rahmen einer strategischen Partnerschaft hat die Wine Group ihren Vertrieb in Europa der weltweiten Nummer sieben in der Weinvermarktung übertragen: Grand Chais de France (GCF) ist der größte Vermarkter französischer Weine. Zum Programm gehören neben Marken wie J.P.Chenet und Calvet auch edle Produkte aus Grand Chais eigenen Kellern in Bordeaux, dem Elsaß, von der Loire und aus dem Süden. Die Weine von CGF sind im deutschen LEH so gut wie omnipräsent. Die Partnerschaft mit TWG bringt dem Programm zusätzliche Internationalität und kommt dem Handel entgegen, der die Zahl seiner Lieferanten reduzieren möchte.

Kommen große Strukturen mit kleinen Preziosen zurecht? Concannon ist nur ein Beispiel, gerade in Kalifornien bietet sich für diese Frage viel Studien-Material.

Übrigens:  Dirk Würtz hat die Concannon Weine probiert und war von der Qualität ganz angetan.

Ein Kommentar

  1. das die beiden aus dem gleichen Stall kommen lag ja nahe, hatte ich ja auch in der Aromatik nach der Beschreibung bei Dirk Würtz schon vermutet. Der Preisunterschied von einem Euro zw. Tengelmann und Lidl ist klein, für Lidl Käufer schon am oberen Anschlag. Der Wein schmeckt, hat aber mit „Tradition“(was auch immer das ist) natürlich nicht viel zu tun, ist halt die (Massen)basislinie.