Bei der Biofach in Nürnberg diskutierten am vergangenen Freitag Experten aus Verbänden und Fachhandel zum Thema. Viele Weinfachhändler haben sich mit Bio-Weinen noch nicht beschäftigt oder sind immer noch skeptisch, was die Qualitäten angeht. Stefan Gerner (Winzerwelt ex Mövenpick Weinland Chef) sagte:“Ein Biowein muss zunächst einmal ein guter Wein sein. Bio ist dann eine zusätzliche Eigenschaft. Das gilt für meine Listungsentscheidung, aber auch in der Argumentation meinen Kunden gegenüber.“ Allerdings würden zunehmend Kunden nach Bio-Weinen fragen.
In der Diskussion ergab sich der Eindruck, dass sich manche Öko-Produzenten mit den Gepflogenheiten des Weinhandels noch nicht so richtig auskennen. Ein Weinfachhändler berichtete von absolut unzureichenden Spannen, die manche Öko-Produzenten vorgeben, indem sie selbst über ihre Direktvermarktung zu Niedrigpreisen die möglichen Ladenpreise nach unten drücken. Auf der Produzentenseite scheint es Berührungs-Ängste mit dem Handel zu geben. Indem Biosiegel zunehmend im Handel auftauchten, könnten sie entwertet werden. Auch der Fachhandel wird kritisch gesehen: da er in Konkurrenz zum LEH und Discount stehe, drehe er auch an der Preisschraube nach unten. In diese Mühle wolle man nicht hinein.
Dem widersprach Frank Lüske von Biolüske, einem der erfolgreichsten und innovativsten Bio-Fachhändler in Berlin. „Wir sind auf die Konkurrenz mit dem LEH vorbereitet.Bei uns berät ein Wein-Eexperte und wir haben es in den letzten Jahren mit Wein-Seminaren und Kochevents geschafft, unseren Durchschnittspreis auf 8 Euro pro Flasche zu heben. Unseren Kunden wird der 3,99 Bio-Wein vom Discounter nicht schmecken!“
Auch Christine Bernhard vom Ecovin-Vorstand meinte, die Öko-Winzer brauchten den Handel. „Aber wir wünschen uns eine neue Qualität im Umgang miteinander. So etwas wie fair trade. Ein professionelles, aber partnerschaftliches Verhältnis.“
Alle waren sich einig: mit den zunehmenden Angeboten im LEH und Discount ist der Bio-Wein in der Normalität angekommen. Darauf müssen sich Winzer und Händler einstellen.
Der deutsche Biomarkt ist 2008 um 10% auf einen Umsatz von 5,8 Millarden gewachsen, berichtete die SZ. Biowein hat mengenmäßig sogar um über 30% zugelegt.In der Weinhalle konnte man dies an der positiven Entwicklung der Aussteller- und Besucherzahlen nachvollziehen. Alexander Ultes, der das Tasting mit organisiert, sagte, bereits am ersten Tag der Messe seien doppelt so viele Besucher wie im vergangenen Jahr bei den Proben gewesen. Auch am Freitag mittag war die Halle deutlich besser gefüllt als im Vorjahr.
Insgesamt zählte die Messe zu ihrem 20-jährigen Geburtstag 46.000 Besucher und lag damit auf Vorjahresniveau. Knapp 40% kamen aus dem Ausland. Nicht nur Ökohändler fanden den Weg nach Nürnberg, noch nie war das Interesse aus dem LEH und auch dem Wein-Fachhandel so groß. Unter den 2.540 Austellern der Biofach waren 304 Weinanbieter. Wein stellte damit 11% des Angebotes. Dies unterstreicht die Bedeutung fürs Bio-Sortiment.
Die Verbandsvertreter sehen auch für die Zukunft trotz heraufziehender Krise weiteres Wachstum. Wer einmal Bio-Kunde sei, werfe auch in der Krise seine Überzeugung nicht über Bord. Insider sehen allerdings zweistellige Zuwachsraten als Vergangenheit.
23. Februar 2009 um 12:10
Bei uns (Biowein-Fachhändler) steht die Qualität der Weine im Vordergrund. Auch in der Argumentation gegenüber dem Endkunden steht die Qualität im Vordergrund. Das der Wein aus biologischem Anbau kommt, ist für den Verbraucher der Zusatznutzen, den er erhält, aber auch in der Qualität und Bekömmlichkeit spürt.
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23. Februar 2009 um 13:22
@Jürgen so sehe ich das auch. Im klassischen Bioladen mag das Argument „bio“ entscheidend sein, im Fachhandel (auch im reinen Biowein-Fachhandel) ist die Qualität entscheidend. „Bio“ ist dann nur noch das i-Tüpfelchen.
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