Blogger sind bescheidene Leute

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Oktoberfest am VINUM Stand - im Vordergrund Blogger und VINUM Mitarbeiter

Oktoberfest am VINUM Stand - im Vordergrund Blogger und VINUM Mitarbeiter (Foto: Messe Duesseldorf / ctillmann)

Etwa dreißig Blogger hatten sich bei der PROWEIN offiziell registrieren lassen und es machte großen Spaß, den Kollegen hier und dort zu begegnen. Auch zu den Terminen, die ich vorab reserviert hatte, kam der ein oder andere. Viele trafen sich bei der Blogger-Runde  beim DWI zur Aussprache mit Monika Reule.

Bei „Print meets Online“ am Montag-Abend mit den VINUM Leuten wurde über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Bloggern und Print-Journalisten diskutiert. Wir beschäftigen uns mit den gleichen Themen und bewegen uns in einem Umfeld, daß stark meinungs- und emotionsgeprägt ist. Blogger und Print-Journalistenmüssen mit jeder Äußerung und jeder Zeile um die Aufmerksamkeit ihrer Leser werben und deshalb informativ und unterhaltend zugleich sein.

Über die Gemeinsamkeiten waren wir uns schnell einig – über die Unterschiede wurde weniger diskutiert: Print-Journalisten schreiben in der Regel, weil sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen – das impliziert Rücksichtnahme auf viele direkte oder indirekte Auftraggeber. VINUM ist das beste Beispiel dafür: ein neuer Verleger kommt mit einem neuen Konzept – gleich sieht das Heft nicht nur anders aus, sondern es gibt neue Autoren, eine neue „Schreibe“.

Die meisten Blogger schreiben für sich selbst oder für einen Kreis von Gleichgesinnten – sie sind davon nicht wirtschaftlich abhängig. Das Schlimmste, was passieren kann, dass man nicht mehr „geliebt“ wird. Deshalb sind Blogger tendenziell unabhängiger und viele sehr pointierte, manchmal ausgefallene Meinungen und Ansichten sind in den Blogs zu finden. Die Print-Kollegen vermuteten, daß hinter manchem Blog „geheime“ Auftraggeber stehen müßten.

Übrigens: „Mist“ ist sowohl in Print als auch in Online zu finden.

Ein weiterer Unterschied (und der ist für mich am wichtigsten): Blogger bekommen unmittelbares Feedback, sie laden dazu ein und stellen mit der Kommentar-Funktion sogar die Technik dafür zur Verfügung. Direkt nach dem Online-stellen eines Artikels kann man die Zugriffszahlen beobachten, es kommen die Kommentare, man wird im besten Fall weiterempfohlen und zitiert. Es beginnt die Diskussion. Und das macht bescheiden. Erfolgreich im Netz (wenn es um Social Media geht) ist auf die Dauer nur derjenige, der aufmerksam Zuhören kann, auf andere eingeht und sich wirklich auf den Dialog einläßt.

Ich bin – weil ich mit anderen im Gespräch bin. Social Media eben. So könnte die Definition des Bloggers lauten.

Nun ist es nicht so, dass Print-Journalisten kein Feedback bekommen: der Verleger lobt oder tadelt ihre Artikel, Winzer rufen an und bedanken oder beschweren sich, es gibt Leserbriefe. Trotzdem: bei vielen Old-School-Journalisten hat man den Eindruck ihre Eigen-Definition lautet: Ich bin – weil ich gedruckt werde. Da geht dann vieles über die Köpfe der Leser hinweg.

Den direkten Austausch mit den Lesern erleben Print-Journalisten nicht so wie Blogger. Sie haben es einfach mehr mit ihren Auftraggebern und den Objekten ihrer Berichterstattung zu tun.

Schreiben muss man lernen – das ist nicht nur für Print-Journalisten so. Auch Blogger müssen lernen: Zuhören ist immens wichtig, denn es ist nicht so ohne weiteres jedem gegeben. Neuanfänger müssen sich erst einmal an die Bescheidenheit gewöhnen – wer sich mit großem Getöse in die Arena begibt und in den Vordergrund drängt, wird keinen Anschluß an die Community finden und eben nicht ins Gespräch kommen.

Aus aktuellem Anlaß ein Zitat von US-Alpha-Blogger Chris Brogan. Er schreibt in seinem Buch „Trustagents“: „Oft machen Newcomer ihren ersten großen Fehler gleich zu Beginn ihrer Online-Karriere: sie stürzen sich Hals über Kopf hinein und setzen sich über alle Regeln und Normen der Social-Media-Welt hinweg, bevor sie überhaupt gemerkt haben, daß es diese ungeschriebenen Gesetze gibt. … Erst einmal eine Zeit lang Zuhören hilft ungemein, diese Fehler zu vermeiden.“

7 Kommentare

  1. „Ich bin – weil ich mit anderen im Gespräch bin“ – wunderbar zusammengefasst! Das ist nicht so trivial wie es auf den ersten Blick scheint. Es gehört Empathie dazu. Losgelöst von der Einordnung in Blogger/Journalist (Grenzen sind nicht in Beton gegossen), ist diese Eigenschaft nicht bei allen Menschen gleich ausgeprägt. Das gilt auch für die im Titel erwähnte Tugend. Das Geheimnis vieler Erfolgsgeschichten …

  2. Na ich dachte bei dem Titel das ist eine weitere Erster-April-Geschichte. ;-))) Aber mit dem Artikel hast du natürlich vollkommen recht. Das mit den fließenden Grenzen zwischen Bloggern und Journalisten ist sicherlich auch richtig. Blogger sind nun auch nicht unbedingt Altruisten, die sich Urlaub mehmen für eine Fachmesse und dann nichts davon haben wollen. Irgenwo zwischen dem Altruismus und dem geheimen Auftrageber liegt die Wahrheit beim Weinbloggen. Aber in keinem der beiden Extreme.

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