Auf der Webciety Bühne in der Halle 6 fand am CeBIT Donnerstag die Wein im Web Runde statt. Für viele Zuschauer war erstmal verwunderlich, warum ausgerechnet das Thema Wein dort zu Debatte stand. Wein hat im Web eine lange Geschichte: e-commerce begann mit dem Buchversand, dann kam gleich der Wein. Heute gibt es in Deutschland ein sehr aktive Szene, die sich in Blogs, Vlogs (Video-Blogs), Foren und Mirco-Blogging-Diensten wie Twitter mit Wein beschäftigt.
Mario Scheuermann hatte für die CeBit Veranstaltung versucht, die Einstellung zu Wein in dieser Web-affinen Szene abzufragen. Die Ergebnisse in zwei Sätzen: in der Szene wird „romanisch“ konsumiert, d.h. deutlich über dem Durchschnitt. Eine halbe Flasche pro Tag darf es sein. Und es wird „amerikanisch“ eingekauft, eher zwischen 7 bis 12 Euro pro Flasche, als zwischen 3 – 5 beim Normal-Weintrinker. Außerdem konstatierte Scheuermann bei den den Internet- Weinliebhabern ein großes Informations- und Kommunikationsbedürfnis: aus Internet-Wein-Foren gehen überdurchschnittlich viele Live-Wein-Stammtische hervor.
Wie ich anschließend zeigen konnte, hat der sich der Handel (Hawesko, Jacques, Mövenpick, Rindchen) bis heute wenig auf diese neue Qualität in der Internet-Weinszene eingestellt. Auch die Möglichkeiten, die das Mitmach-Internet bietet, wie Kunden-Kochrezepte, Foren, Weinempfehlungen, Online-Verkostungen, Tutorials oder Online-Meet-the-Winzer Events werden nicht genutz. Das Internet wird als Online-Katalog und Bestell-Kanal verwendet. Gerade beim Produkt Wein möchte der Kunde unterhalten werden. Neue Untersuchungen zeigen, dass das Internet immer mehr zum Unterhaltungsmedium wird und bei Jugendlichen bereits das Fernsehen abgelöst hat. Aufgrund der vielfältigen Einbindungsmöglichkeiten unterschiedlichster Medien ist es dazu prädestiniert. Wer es als erster schafft, seinen Kunden gleichzeitig Information und Unterhaltung anzubiten, Communities um den Wein aufzubauen, wird Kunden dauerhaft binden und sie zu Botschaftern machen können.
Der fortgeschrittene Weinkunde fühlt sich zum Winzer hingezogen. Dafür spricht der Erfolg der Hawesko Wein Shows oder zahlreicher Winzer-Events im Handel und der Gastronomie. Das Internet vereinfacht einen direkten Kontakt, wenn der Winzer bereit ist, ein Stück weit mitzuspielen und sich auch „privat“ zu zeigen. Dirk Würtz von der Königsmühle aus Gau-Odernheim (von 1996 bis 2001 bei Robert Weil) ist ein Beispiel dafür. Über seinen eigenen Blog, über Twitter und über die Präsenz in der Internet-Szene hat er es in einem Jahr geschafft, zumindest dort zu Größen wie Dr. Loosen, Robert Weil oder von Buhl aufzuschliessern. Seine Weine werden im Netz sogar öfter diskutiert und gennant, als die der etablieren Kollegen. Dies geht aus einer Untersuchung von ethority hervor, die von David Nelles vorgestellt wurde.
Dirk Würtz berichtete, er habe gerade diese Woche seine erste Bestellung über Twitter abgewickelt. „6 Flaschen von meinerm Premium Wein“ Aber man nehme als bloggender Winzer schon Einiges auf sich:zum Beispiel mails und Blog-Kommentare der Mitternachts-Mickey-Mäuse, denen man anmerke, dass sie schon so einiges intus hätten. Überhaupt seien im Netz schon eine ganze Menge bizarrer Typen unterwegs. Aber: er könne jedem Direktvermarkter das Internet empfehlen: „Wenn man hier Einsatz zeigt, ist die Resonnanz überdurchschnittlich. Das ist über die klassischen Wege so schnell und effizient nicht zu erreichen.“
Matthias Metze vom Viva-Vino Portal, spezialisiert auf Bio-Wein konnte das bestätigen. Über das Internet, seinen Blog und Twitter habe er es geschafft, seinen Weinhandel in kurzer Zeit bekannt zu machen.
Empfehlungen und Konsumenten-Panel werden im wichtiger. Darauf baut Alexander Schardt von verkostet.de. (mittlererweile eingestellt) Hier schreiben und empfehlen Weinliebhaber: Die Zugriffszahlen wachsen kontinuierlich. Aber in Deutschland scheint im Gegensatz zu den USA, wo ähnliche Konzepte (snooth, corkd) gut funktionieren, die kritische Masse noch nicht erreicht zu sein. Von 75.000 aktiven Teilnehmern wie bei snooth sind wir hier in Deutschlan noch weit entfernt.
Abschileßend läßt sich feststellen: Die Szene hat sich gerade im letzten halben Jahr sehr stark professionalisiert, auch wenn die „Großen“ im Handel noch schlafen, ergeben sich für Erzeuger und Händler erfolgversprechende neue Ansätze. Der Wein hat im Web 2.0 Berechtigung und Zukunft.
Die Aufzeichnung der Diskussion finden Sie auf Zaplive.tv
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3. Juni 2012 um 08:51
Danke für den interessanten Beitrag zum Thema Wein im Internet. Auch ich denke, dass die neueren Kommunikationskanäle wie bspw. Twitter eine sehr gute Möglichkeit sind insbesondere die jüngeren, intenetaffinen Weinliebhaber zu erreichen. Wir verzeichnen kontinuierlich Wachsende Besucherszahlen, die wir über Twitter angesprochen haben.
Ich denke auch, dass es besonders für kleinere Weinhändler und Winzer wichtig ist, eine persönliche Bindung aufzubauen, wie es bei den lokalen Weinhandlungen seit je her üblich ist.