China: Romance with France

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Der Einbruch der französischen Exportzahlen in der vergangenen Woche ließ aufhorchen:  mit 3,28 Mrd Euro lagen die Exporte auf einem historischen Minus von 24,6% gegenüber dem ersten Halbjahr 2008. Gegen den Trend wächst französischer Wein nur noch  in Hongkong und China. Das deckt sich mit den Erfahrungen von WSET(Wine and Spirit Education Trust) : China gehört zu den am schnellsten wachsenden Märkten für Weinausbildung. In den letzten Jahren sind hier 18 neue WSET Center entstanden.

Fongyee Walker von Dragon Phoenix Wine Consultants, Beijing

Fongyee Walker von Dragon Phoenix Wine Consultants, Beijing

Ich sprach dazu mit Fongyee Walker in Beijing. Fongyee leitet das WSET Center in der chinesischen Hauptstadt. Zusammen mit Edward Ragg betreibt sie Dragon Phoenix Wine Consultants und berät Importeure und Händler.

Woher kommt das große Interesse für Wein?

Gemessen an der Gesamtbevölkerung ist das Interesse garnicht so groß. Die meisten Menschen hier können sich Wein gar nicht leisten. Wein ist in China ein Luxusprodukt. Das macht für viele, auch gerade für gebildete junge Menschen einen großen Teil des Reizes aus. So haben wir bei unseren Kursen viele Amateure dabei, die etwas über Wein erfahren möchten. Auch Leute, die sich Wein leisten können, wissen oft nichts darüber. Hauptsache ein großer Name und Hauptsache teuer. Bei einem Geschäftsessen oder einer Einladung geht es darum , mit einer großen Flasche Eindruck zu machen.

Was sind das dann für Weine?

In erster Linie französische Weine. Wobei sich Frankreich meist auf  Bordeaux reduziert. Wenn es um Wein, Esskultur und Mode geht, erleben wir hier eine „Romance with France“ . Interessant ist, daß die meisten die Weine gar nicht wirklich mögen. In Blindverkostungen bevorzugen sie dann zum Beispiel eher Australier oder Chilenen. Wein wird nicht des Geschmacks wegen gekauft und getrunken, sondern weil er Ausdruck eines gehobenen Life-Styles ist.

Wie sieht die Zukunft für Wein in China aus?

Wir beobachten, wie eine richtige Mittelklasse entsteht. Damit wächst auch das Interesse für Wein. Die Perspektive ist also positiv. Aber hier in China kann sich vieles von jetzt auf nachher ändern: dieses Wochenende können unsere Studenten hier in Beijing nicht in unser Center kommen. Weil über Nacht das ganze Viertel abgesperrt wurde, müssen unsere Kurse ausfallen. Genauso kann es eines Tages wieder Import-Beschränkungen, neue Steuern oder Zölle geben. China hat sich für Wein erst mit den WTO Abkommen 2003/2004 geöffnet.

Spielen deutsche Weine eine Rolle?

Man darf nicht vergessen, daß 90% des Weins in China chinesischer Wein ist. Viele der sogenannten „chinesischen“  Weine werden aber nur hier gefüllt. Obwohl man nicht so recht das Vertrauen in die Qualität hat, ist man doch stolz auf die eigenen Weine.

Wenn man von Wein spricht, ist der immer rot. Viele wissen überhaupt nicht, daß es weissen Wein gibt. Selbst Leute, die zu unseren Kursen kommen.

Black Tower ist leider das, was die meisten mit Deutschland verbinden. Diesen Geschmack mögen sie auch. Im Gegensatz zu trockenen deutschen Rieslingen. Entsprechend begeistern dann auch edelsüße Weine von Dr. Loosen oder Robert Weil, wenn ich sie bei Verkostungen vorstelle.

Wein wird in China weiter wachsen und das Interesse wird zunehmen. Und da es in China keine geregelte Wein-Ausbildung für den Handel und die Gastronomie gibt, denke ich auch, daß unsere Schule wachsen wird.

Das Interview wurde am 11. September über Skype geführt. Fongyee Walker schreibt unter anderem für The World of Fine Wine Magazine, That’s Beijing, The Beijinger, Hong Kong Tatler, FT Rui Magazine (Financial Times publication), Caijing Ribao (China’s top financial newspaper), Fine Wine & Liquor (China)