„Soll ich auf das neue Facebook-Profil umstellen?“ eine Frage, die ich in den letzten Wochen oft höre. Viele sind unsicher, wie ihr neues Profil aussehen wird und ob sich Einstellungen verändern. Facebook hat aus dem letzten Privacy-Debakel gelernt und versichert, dass die Einstellungen erhalten bleiben. (Und das stimmt. Allerdings ist das Einstellen der Funktionen noch etwas trickier geworden, hält man sich nicht an die von Facebook vorgeschlagenen Einstellungen.) Außerdem lässt man die User selbst entscheiden, wann sie zum neuen Profil wechseln wollen. Auf den Hilfeseiten werden flankierend jede Menge Informationen zum Thema angeboten.
Wie bei Facebook üblich, sind die Informationen sind gar nicht so einfach zu finden: so muss man eine ganze Weile suchen, bis man weiss, wie man die neuen „Moment-Aufnahme“-Fotos oben im Profil deaktiviert. Auch muss man zweimal hingucken, um zu erfahren, wo denn die Weihnachtsbaum- und Kalender-Fotos herkommen: in der Leiste werden Fotos angezeigt, auf denen man von Freunden markiert wurde. Die Fotos befinden sich zwar auch in einem Foto-Album bei den eigenen Fotos, aber man hat nicht die Möglichkeit, sie zu löschen. Löschen kann Sie nur der Urheber. Der Profil-Inhaber kann lediglich verhindern, dass sie auf s e i n e m Profil auftauchen. Nicht beeinflussen lässt sich, dass sie in der Timeline von Freunden angezeigt werden. Es wäre interessant zu wissen, ob sich die aktuelle Konstruktion mit dem deutschen Recht am eigenen Bild verträgt.
Mittlerweile wird aus den USA berichtet, dass es immer mehr junge Leute gibt, die sich nicht mehr in ihrer Clique fotografieren lassen. Sie wollen damit verhindern, dass ihr Gesicht unkontrolliert an den verschiedensten Stellen im Web auftaucht. „Noch vor einem Jahr bin ich deswegen ausgelacht worden“ heißt es in einem Kommentar „heute sagen immer mehr: Ich möchte auch nicht fotografiert werden! Und es lacht niemand mehr.“
Eine weitere Änderung im Profil sorgt in der Facebook-Community für etwas Aufregung: man wird im neuen Profil aufgefordert, Personen zu markieren, denen man sich besonders verbunden fühlt. “You can even include the friends who share your experiences … now you can highlight family members and the other key people in your life“ ermutigt Facebook seine Nutzer. Das kann im privaten Kreis zu Irritationen führen: Warum wurde ich nicht ausgewählt? Gehöre ich nicht zum engeren Freundeskreis? Darüber hinaus ist es aber eine Aufforderung, aktiv über Personen aus dem Bekannten-, Freundes- oder Familienkreis zu kommunizieren – und das in aller Öffentlichkeit. Auch bei diesem Feature wird es manchem um Datenschutz Besorgten kalt den Rücken herunterlaufen.
Warum all diese Änderungen? Insider vermuten, dass hier eine Datenerhebung für Marketing-Zwecke im Gange ist. Facebook habe in letzter Zeit vieles getan, um den „Social“ Aspekt zu verstärken: Fan-Pages und der Like-Button sind Beispiele dafür. Weitere wirklich wichtige Daten fürs Marketing führten bislang in den Profilen eher ein Schattendasein. Sie waren hinter Tabs versteckt : so waren die Angaben zu Alter, Geburtsort, Arbeitgeber oft nur rudimentär ausgefüllt und wurden auch nicht gepflegt. Das kann ich gut nachvollziehen: ich weiss nicht, wann ich zum letzten Mal diese Daten aktualisiert habe.
Durch die Einführung des neuen Profils wird jeder User gezwungen, sich mit diesen Daten zu beschäftigen – man bekommt bei jedem Aufruf des eigenen Profils die „Leerstellen“ vor Augen geführt. Viele fühlen sich daher genötigt, die Angaben zu komplettieren: ist dort etwas nicht ausgefüllt, sieht jedermann an prominenter Stelle, dass hier etwas fehlt. Die Lücken in meiner Facebook-Visitenkarte können Anlass zu jeder Art von Spekulation geben: weil ich meinen Arbeitgeber nicht angebe, fragen Freunde sich, ob ich vielleicht gefeuert bin. Oder sie könnten vermuten, dass ich kurz vor der Scheidung stehe, weil mein Ehepartner oder meine Kinder nicht erwähnt sind.
Wurde bei den letzten Veränderungen am Profil noch heftig diskutiert, ist es jetzt allenthalben sehr ruhig: Facebook fragt nach Religion und politischer Einstellung – niemand regt sich auf.
Mit dem neuen Profil ist Facebook wieder einen Schritt visueller geworden – ein Beispiel ist die Bildleiste, das Verschwinden der Tabs und die Verbindung von persönlichen Präferenzen mit Icons. Die plötzlich auftauchenden Weihnachtsbäume und Kalender veranlassten kürzlich jemanden zu der Bemerkung, es sehe jetzt aus wie im Kindergarten zur Adventszeit. Andere haben das neue Design bereits kreativ genutzt.
Der Ablauf der Umstellung zeigt, Facebook hat etwas dazu gelernt. Sie zeigt aber auch, Facebook orientiert sich nicht wirklich an den Likes oder Dis-Likes, an den Wünschen und den Befürchtungen seiner Nutzer, sondern arbeitet stringent an der Weiterentwicklung seines eigenen Geschäftsmodells. Das sollte man bei allen Marketing-Aktivitäten auf Facebook immer im Auge behalten.
Die eigene starke Hombase ist weiterhin wichtig – die eigene Website, das eigene Blog oder Shop. Auf Facebook ist der ständige Wechsel garantiert – geänderte Layouts oder Funktionen können von heute auf morgen zum Verlust aller Investitionen führen. Etwas pointiert läßt sich sagen: Facebook als Zubringer für eigene Aktivitäten ist ok – als Hauptstützpunkt des Geschäftes ist es zu unsicher.
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