“ Die Zukunft – ob wir das hier dauerhaft schaffen? Ich bin davon überzeugt – deshalb arbeite ich daran!“ sagt Jean-Luc Trinquier nach der Diskussion mit den kritischen Wein-Educatern aus den USA. Die wollten nämlich von ihm wissen, warum eine Genossenschaft mit 1.000 Mitgliedern und 3.000 ha Weinbergen ihre gesamte Ernte im Tankwagen verkauft.
Trinquier ist Direktor von Clochers et Terroirs, einer Winzergenossenschaft im Hinterland von Montpellier, die ausschließlich „vins en vrac“ – Tankweine – produziert. Sie wurde 1963 gegründet und erfaßt die Rebflächen von sieben Kooperativen, die sich auf einundzwanzig Dörfer verteilen.
Die jüngste Kooperative wurde 1963 gegründet
Die meisten Kellereien im Languedoc wurden in den 30er Jahren gegründet. Viele sehen noch heute so aus wie damals und ganz viele sind in den letzten Jahren Pleite gegegangen, weil die Kosten zu hoch waren und sich das Geschäft nicht mehr lohnte. Viele Mitglieder nahmen die staatliche Stillegungsprämie in Anspruch und rissen ihre Reben heraus, statt das ganze Jahr hart zu arbeiten und am Ende doch nichts zu verdienen.
Clochers et Terroirs wurde in den 60er Jahren mit dem Ziel gegründet, mit modernen Methoden und mit so wenig Personal wie möglich, in großem Stil Wein zu produzieren. Zehn Personen, darunter ein Oenologue und mehrere Kellermeister produzieren jährlich etwa 225 tausend Hektoliter Wein. Das sind mehr als 22 Millionen Liter Qualitätswein (AOP), meist aber Weine mit Rebsorten-Bezeichnung und Landweinqualität (IGP). Konsequent wird auf die internationalen Rebsorten gesetzt: Chardonnay und Sauvignon für die Weissen und Merlot, Syrah, Cabernet für die Roten.
Eine Produktion vergleichbarer Größe erreicht in Deutschland der Badische Winzerkeller mit über 100 Mitarbeitern – allerdings wird in Breisach auch abgefüllt und gelagert.
Konsequent für den Markt produzieren
Ein Viertel des Weines in Puilacher wird über die angeschlossenen Genossenschaften verkauft. Dazu wurde wenige Kilometer weiter ein modernes Abfüllzentrum errichtet. Um flexibler agieren zu könnene, ist das eine eigene Firma. Geht man dort einmal ins Lager und schaut die Kartons an, wundert man sich, wer von dort Weine bezieht. Einiges von dem ist einem auch schon mit Top-Benotungen in Weinzeitschriften und den Regalen des Fachhandels begegenet.
Ein weiteres Viertel geht direkt als lose Ware in den Export – in der letzten Zeit mehr und mehr nach China. Der Markt für solche Weine wächst, sagt Jean-Luc Trinquier. Regelmäßig fährt er zur Private Label Messe nach Amsterdam, wo sich einmal im Jahr Produzenten und Handelskonzerne treffen. Warum gerade die billigen Weine weltweit auf die Reise gehen, beschreibt Mike Veseth in seinem Buch Wine Wars. Das hier ist ein gutes Beispiel.
Französische Supermärkte lassen die Weine zum Teil in eigenen Abfüllbetrieben füllen – genauso wie die großen Händler Castel und Grand Chais de France. Sie machen weitere 30% des Verkaufs aus.
Bleiben 20% – für spezielle Kunden, die sehr anspruchsvoll sind – über die Details schweigt man. Viele bekannte Produzenten vermarkten unter ihrem Namen eben auch zugekaufte Weine und die bekommen sie hier.
Was bleibt für den Winzer?
5.000 Euro bekommen die Winzer im Schnitt pro Hektar für ihre Trauben. 12 Cent betragen die Kellerei-Kosten pro Liter – damit ist sie die günstigste im Languedoc-Roussillon. Bei einem Ertrag von 75 hl / ha macht das etwa 900 Euro per Hektar aus. Die Kosten der Traubenerzeugung liegen zwischen 1.500 – 3.000 Euro pro Hektar – da kann man sich ausrechnen, was am Ende für dien Winzer bleibt. Viel ist das nicht.
2012 wieder deutlich weniger
Und das gibts auch nur, wenn der Jahrgang es gut meint. Gibt es Frost im Frühjahr, Regen während der Rebblüte und auch noch Hagel im Sommer und nur wenig Wasser – wie in diesem Jahr, wo man mit einem Minus von 30% gegenüber einer normalen Ernte rechnet – dann gibt es noch weniger. Das kann schon exsistenzbedrohend werden, denn die Kosten für die Trauben und die Kellerei fallen auch in einem solchen Jahr an.
Um eine Familie zu ernähren, braucht man hier unten 20 bis 30 Hektar, man muss voll mechanisiert sein und alleine arbeiten. Da ist klar, dass sich für viele Betriebe kein Nachfolger findet. Die Frage nach der Zukunft ist berechtigt. Jean-Luc Trinquier geht demnächst in Rente – aber er hat ein paar Mitstreiter, die genau wie er an die Zukunft glauben.
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