Gestern am Alex: „Männermagazine stehen da hinten!“ „Nein, nichts mit leicht bekleideten Damen. Das ist ein Koch-Magazin für Männer.“ Ruckartig hob die sturmerprobte Zeitungsverkäuferin den Blick von ihrer Kasse und musterte den jungen Mann von oben bis unten als wollte sie sagen: Männer – Kochen?! – Was ist denn das für einer? „Ja, Beef heißt das. Oder so ähnlich.“
9,80 Euro – nicht ganz billig. Aber dafür gibts 172 Seiten. Mit einem 5 seitigen Centerfold. Mitgeliefert werden: Angenehme Haptik, zeitgemässes Layout, gute Fotos, spannned aufbereitete Themen. ( Zum Vergleich: Bei VINUM kosteten letzthin 82 Seiten stolze 6 Euro, die anderen Punkte sollen hier nicht verglichen werden.)
Männer kochen zwar auch nur mit Wasser. Aber Männer kochen auch mit Wasser anders. Dem trägt das Heft aus dem G+J Verlag Rechnung. Da ist zum Beispiel der Beitrag „Das beste Steak der Welt“ wie eine Fußball-WM Aufgemacht. Eine Hauptrunde mit 8 Teilnehmern a la „Argentinisches Filet vs Charolais Filet„, Halbfinale und Finale. The winner is? Das Turnier kann man zu Hause am eigenen Grill nachspielen, denn das Fleisch-Paket hat BEEF! schon fix und (versand)fertig geschnürt.
In „Tatort Küche“ schaut der Leser den Profilern bei einer mysteriösen Mordserie an „alleinstehenden Lebensmitteln“ über die Schulter. Tat-Werkzeuge (Koch-Messer) habe ich noch selten so gut und witzig fotografiert gesehen. Im Heft finden sich noch eine Reihe weiterer konsquent „männer-mäßig“ aufbereiteter Themen. Und unter der Überschrift “ Kann man Frauen ins Bett kochen?“ trifft man(n) doch noch auf eine leicht bekleidete oder vielmehr beschriftete Dame, die aber fast überflüssig erscheint.
Und der Wein? Neben den üblichen Verdächtigen, dem unvermeidlichen Hendrik Thoma und seinem Alter-Ego TVINO/Hawesko Sommeliere Stephanie Döring gibt es ein 16 seitiges Sonder-Dossier zum Thema Wein. „Fakten, Fakten, Fakten“ würde der Dicke sagen und dazu mit der Faust auf den Tisch hauen. Allerdings – genau wie im allseits bekannten Polit-Magazin: auch hier nichts wirklich Neues.
Trotzdem: Das Heft ist der Beweis dafür, daß es bei Essen & Trinken auch anders geht. Ohne Betulichkeit und „leichte Nudelrezepte, die auch Kindern schmecken“. (Da ist Chefredakteur Jan Spielhagen anspruchsvoll: Nudeln findet er langweilig, wenn man sie nicht selber macht. Spielhagen: “ Kompliziert, teuer, das Beste, das Kleinste, das Seltenste – solche Rezepte, Zutaten und Stories haben wir für das Magazin gesucht“) Und das Heft ist gleichzeitig ein Argument für Print in Zeiten von Online. Nach dem ersten Durchblättern hat man das dringende Bedürfnis, sich irgendwo ein aller Ruhe mit einem Glas Wein eine Stunde zurückzuziehen, zu lesen, zu geniessen und sich anregen zu lassen.
Ein paar Seiten anschauen kann man hier.
BEEF!, 172 Seiten, Copypreis 9,80 Euro, Gruner+Jahr Verlag, Startauflage: 100.00 Ex, 4 x pro Jahr, Hintergründe zur Entstehung des Heftes finden sich bei Horizont.
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