Mit Kunden kochen – vier Sterne und jede Menge gute Weine

| 8.688 mal gelesen |

Oliver Müller von Gut Hermannsberg

Im Auge des Hurricane: Oliver Müller von Gut Herrmannsberg foto:mpleitgen

Alle haben eine blaue Schürze an. Die Damen und die Herren im Einheits-Look. Und alle drängen sich in Christian Lohses Küche im Fischers Fritz, um ein Häppchen Lamm, Osso Buco oder ein paar Austern zu ergattern. Es ist ein Gedränge, schlimmer wie zur Rush-Hour in der S-Bahn. Mit dem Unterschied, dass die Fahrkarte für den Abend 169 Euro gekostet hat. Trotzdem ist es eine Mordsgaudi. Da kommt es vor, man tritt einem Generalmusikdirektor auf die Füsse, aus Versehen verhakt man sich mit einem Erlebnisgastronomen, der seit Jahren bundesweit in Zelten kochen läßt oder es schüttet einem jemand einen Rheingau-Riesling übers Hemd. Spätestens da wird dann klar, wofür die Schürzen gut sind.

In dem Tumult kochen insgesamt vier Sterne. Einige handverlesene Angehörige des Traubenadler-Ordens schenken ihre Weine aus. Da es kein Vor noch Zurück gibt, isst man dann zwei mal eine Mini-Portion Osso Buco – der Herr vor mir lehnt dankend ab: er hatte schon drei mal und möchte jetzt lieber Lamm. Da, wo es am schlimmsten ist, zieht Oliver Müller in aller Ruhe mit einem geborgten Korkenzieher (seiner mußte am Flughafen bleiben) eine Flasche nach der anderen auf. Schweiß steht ihm auf der Stirn und er hat nur für ein, zwei Worte Zeit. Dann streckt ihm wieder jemand ein leeres Glas entgegen. Oliver Müller steht für „Gut Hermansberg“ in der Küche. Zusammen mit „Josi“ Leitz, August Kesseler, und Annegret Reh-Gartner von Reichsgraf Kesselstatt.  Dr. Wehrheim, Tenuta Foradori und Cantina Mascarelli sind ebenfalls „in persona“ vertreten.

Warum er sich den Job in dem Gedränge antut, frage ich Müller. Es sei eine Auszeichnung für ihn, neben all den bekannten Kollegen eingeladen worden zu sein, sagt er. „Wir fangen ja gerade erst an!“ 2009 wurde die ehemals königlich preußische Domaine „Gutsverwaltung Niederhausen-Schloßböckelheim“ von einem Investor übernommen und Müller kam als Geschäftsführer an die Nahe. „Das geht nicht von heute aus morgen, einen Betrieb ganz nach vorne zu bringen – was wir heute im Rebbberg tun, wird sich frühestens in drei bis vier Jahren oder später auswirken. Potenzial ist da: 30 ha unserer Weinberge sind als Erste Lage klassifiziert. “ meint er.

Niko Rechenberg kämpft sich vorbei – für ihn waren die Weine von Hermannsberg bei der letzten VDP-Große Gewächse-Präsentation eine Entdeckung. „Geht das gut: neuer Eigentümer, neues Leitungs-Team, neuer Name? Das sind viel Baustellen – “ „Wir arbeiten dran“ kann Müller gerade noch sagen, dann fordern einige beschürzte Weinfreunde ihr Recht und ein frisches Glas. Man darf gespannt sein!

Küchenparty – die Formel heißt im Fischers Fritze  Sterneköche plus Top-Winzer plus Promis. Für Berlin gehört sich das so. Aber es geht sicher auch anders:  Kochen – oder besser: beim Kochen zusehen, ist in. Es live zu erleben ist noch mal ein zusätzlicher Kick.  Wein gehört in jedem Fall und ganz selbstverständlich dazu. Das hat der große Alfred B. vorgemacht. Von diesem Modell können die Weinhändler lernen: mal etwas Neues ausprobieren – wine and dine mit geführter Verkostung – das war einmal. Das nächste Event findet in der Küche statt: wenn die von ihrem Lieblingskoch zu klein ist – warum nicht bei einem Kochstudio anfragen, bei der nächsten Fachschule oder gut geführten Firmenkantine? Warum nicht einmal wieder am Samstag-Vormittag zur besten Wein-Zeit den Austern-Fischer aus der Bretagne einladen oder den Flammkuchen-Bäcker mit seinem Holzofen? Dazu die passenden Weine vom Experten – und die Party kann losgehen.

Was ist mit den blauen Schürzen? Nice to have – aber bei der Weinhandelskalkulation nicht drin. Wie wärs denn mit einem Verkostungs-Glas zum Mitnehmen? Mal beim Glas-Lieferanten fragen.

Ein Kommentar

  1. Fischers Fritze fischt frische Fische ;)