Online oder nicht online – die Frage stellt sich heute gar nicht mehr, meinte Christoph Dippe Geschäftsführer von Rindchens Weinkontor/Meevio vor den Studenten im Seminar Weinhandelsmarketing in Heilbronn.
Wer als stationärer Händler erfolgreich sein will, braucht eine Extension ins Internet. Dafür gibt es mehrere Gründe: um heute gefunden zu werden, braucht man eine Online-Präsenz – quasi als Telefonbuch-Ersatz.. Zum zweiten läuft ein immer größerer Teil der Kommunikation mit den Kunden online, dann wird die Plattform im Netz von den Kunden auch als Service genutzt und zum vierten kann man darüber auch noch aktiv verkaufen.
Multi Channel im Weinhandel
Multi Channel gehört die Zukunft. Der Ansatz heißt, Wein auf allen Kanälen für den Kunden erlebbar zu machen. Wohlgemerkt auf den Kanälen, die die Kunden nutzen. Dazu gehören bei Rindchens Weinkontor die stationären Geschäfte – als Erlebnis-Orte sozusagen, dazu gehört ein E-shop, in dem sich einfach und unproblematisch ordern lässt und dazu gehören die Events vor Ort.
Genutzt werden laut Dippe die Kanäle zum Teil von den gleichen Personen: wenn Zeit ist zum Stöbern, Probieren und Aussuchen, kommt der Kunde gerne in das Kontor. Er hält sich dort länger auf, möchte beraten werden und Anregungen mitnehmen. Muss er noch schnell Wein für die Gartenparty am Wochenende haben, wird die Zeit eventuell knapp und er ordert gegebenenfalls online. Ein, zwei Mal im Jahr kommt er zu einem Event – trifft sich dort mit Freunden oder nimmt einfach das tolle Angebot wahr.
Rindchen bespielt alle Kanäle gleichermaßen – Voraussetzung für den Erfolg ist, dass man auch auf allen Kanälen gut ist. Das fängt bei den Kontoren an – dort müssen Ambiente, Angebot und Beratung stimmen.
Online – Logistik wird Marketingfaktor
Beim E-shop muss nicht nur die Anwendung selbst einfach zu bedienen sein – dort ist die Frage einer effektiven Logistik immer wichtiger geworden. So sollten schon gleich bei der Artikelsuche und bei der Auswahl nur aktuell lieferbare Artikel angezeigt werden, damit es bei der Bestellung keine Irritationen gibt. Auch klare Zusagen über den Lieferzeitpunkt sind für den Kunden wichtig, der wie oben geschildert, für einen Termin ordert.
Wie das Leben so spielt, kommt bei einer Lieferung aus mehreren Kartons manchmal nur einer an, der andere hängt in der Lieferkette – berichtet Dippe – da besteht die hohe Schule darin, zu wissen, was in den Kartons ist, um nachliefern zu können und mit den richtigen Weinen bei der Gartenparty präsent zu sein. Logistik wird mehr und mehr zum Marketingfaktor.
An den wenigen Beispielen wird deutlich, dass sich online nicht mal so eben „nebenher“ erledigen lässt, wenn man es ernst nimmt.
Die Verzahnung der Kanäle hat auch in der Kommunikation Vorteile: einmal im Monat bekommen die Kunden eine richtige Aussendung per Post zugestellt. In der Zwischenzeit finden sie die neuesten Angebote in ihrem Email-Postfach. Online Erlebnisse gibt es jede Woche mit einem besonderen Angebot am Donnerstag. So macht Rindchen im Umfeld seiner Kontore einen beachtlichen Online-Umsatz – die Läden und das Internet befruchten sich gegenseitig.
Bei den Events ist Rindchen an seinen Standorten für seine pfiffigen Aktionen bekannt: das kann neben der Grill-Party auf der Dachterrasse eines bekannten Hotels in der Hauptstadt auch eine Sofort-Reservierung bei dem zur Zeit angesagten Italiener sein, wo Nicht-Kunden zur Zeit 8 Wochen auf einen Tisch warten müssen. Legendär sind auch die Reisen mit Gerd Rindchen.
Neue Rechenmodelle sind gefragt
E-commerce mit Wein ist noch einmal eine ganz andere Herausforderung. Rindchen betreibt mit meevio.de ein reines Internetgeschäft mit einem eigenen Auftritt und eigenen Kunden. Von den Erfahrungen mit meevio profitiert auch das Rindchen-Geschäft und umgekehrt. Den reinen Online-Händlern fehlt oft die Emotionalität, die der stationäre Händel bietet.
Gemeinsame Probleme, denen sich zur Zeit alle Anbieter stellen müssen, sieht Dippe im zunehmend komplexer werdenden Markt: es wird generell immer teurer, Neukunden zu gewinnen – das macht es zunehmend schwieriger aus dem laufenden Geschäft die Neukundenakquise zu finanzieren. Hier müssen neue Rechen-Modelle für die Budgetierung her. Die lassen sich eventuell aus der Online-Welt ableiten: Cost per Order (CPO) oder Cost per Customer (CPC) zum Beispiel
Neue Kunden werden immer schlechter einschätzbar – galten einst hohe Erstbestellung und zügiger Nachkauf als Indiz für einen interessanten Customer Lifetime Value (LTV) – verwischen sich die Grenzen mehr und mehr.
Immer mehr Bestandskunden nutzen auch beim Zweitkauf die Wege und Angebote der Neukundengewinnung – die rabbattierten gemischten Probier-Kisten zum Beispiel.
Gleichzeitig sind auch die Stamm-Kunden immer neuen Verlockungen ausgesetzt – da der Wettbewerb auch auf allen Kanälen funkt und ständig Neues ausprobiert, sinkt die Aufmerksamkeit und Aufnahmebereitschaft für Anstösse.
Alle diese Entwicklungen führen dazu, dass Voraussagen über die Skalierbarkeit von Geschäftsmodellen immer schwieriger werden: was heute funktioniert, muss morgen nicht unbedingt genauso funktionieren.
Die Zyklen werden kürzer – wer ein funktionierendes Modell hat, muss sich schon heute Gedanken darüber machen, was er morgen macht.
4. Mai 2012 um 09:24
da kann man Herrn Dippe vollkommen Recht geben, die Mischung aus stationärem und Onlinehandel macht Sinn, nur alleinig Online eher nicht weil der Neukunde überwiegend stationär gewonnen wird, nur Online ist hier eher prozentual unbedeutend.
Auch das Kundenverhalten ändert sich, worauf man sich immer mehr erneut auf neue Situationen am Markt einstellen muß. (für den Kunden muß es spannend bleiben sonst ist er weg)
Der Onlinehandel wird ja auch von Bestandskunden die stationär kaufen in bestimmten Situationen genutzt. Im Grunde wird meist ein Neukunde im stationären Handel gewonnen, da hat er die Möglichkeit für entsprechende Beratung und Probiermöglichkeit, nutzt aber nichts wenn der Shop sehr kompliziert zu bedienen ist, es muß einfach alles stimmen.
4. Mai 2012 um 10:28
Im Prinzip ist die Kernaussage richtig, aber gerade die beiden Firmen Rindchen´s Weinkontor und vor allem meevio sind derzeit dabei einen Zyklus zu verpennen, nämlich Social media.als Kommunikatiuonsplattform. Die Aktivitäten bei FB, G+, Twitter etc. sind marginal bis inexistent. Da rocken ganz andere die Szene.
4. Mai 2012 um 13:03
Herr Scheuermann So gesehen haben Sie recht, wirkt schon etwas nebensächlich am Anfang mit Euphorie und dann langsam nachlassend ist so mein Eindruck.
Ich selbst weiß jetzt nicht wie die Erfolge und Verkaufszahlen von anderen Mitbewerbern von Rindchen sind, vielleicht kommt bei Rindchen aus diesem Bereich S.M. zu wenig raus und man macht das nur noch mit weniger Aktivität.
Aber in der Kernaussage Online/Stationär Handel (als Mix) sind wir denke ich schon gleicher Meinung. Man müsste denke ich es schon in Erfahrung bringen was die Umsätze aus S.M. bei den anderen betrifft (Umsätze-Zeitraum-prozentual zu stationärem und Onlineshop handel mit gleichem Zeitraum) natürlich in einer Form ehrlicher Auskunft und nicht Schönmalerei was ja sehr viele Firmen machen um gut dazustehen. Zahlen daraus würden mich ja schon interessieren wenn es welche gibt.
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