Hinterher will es wieder niemand gewesen sein. Aber es gibt sie – und das auf breiter Front: Rabatte, „wie man sie sonst nur aus Möbelhäusern beim Kauf frei geplanter Küchen findet“ (Werner Engelhard in der November Ausgabe Wein+Markt). Das hinterher im Fachhandel als sehr positiv eingeschätzte Jahresendgeschäft 2009 begann und endete mit einem Preisfeuerwerk. 2010 will man es besser machen – so sahen die Beteuerungen noch im Herbst aus.
Traditionell beginnt mit dem Primeur in der dritten November-Woche der Spurt hin auf Weihnachten und das Jahresende. Die Kunden werden zwar erst wieder in den letzten Tagen vor dem Fest richtig kaufen – dieses Jahr haben sie besonders viel Zeit dazu – aber im Handel sind alle Prospekte bereits gedruckt, die Anzeigen im Auftrag und die Weine auf dem Weg ins Zentrallager. Das heißt: die Aktionen sind fertig und wenn man in die Post schaut bekommt man einen Eindruck, was uns noch erwartet.
Die Discounter sind natürlich mit dabei: bei LIDL lohnt es sich! Ab dem 22. November gibts einen Chianti Classico mit dem Schwarzen Hahn für 3,99, bei 5 Flaschen erhält man eine gratis dazu. Macht 3,32 Euro pro Flasche.
ALDI Süd hat einen 2006er Barolo von Terre da Vino für 7,99 im Angebot, dazu einen 2005 Brunello di Montalcino DOCG − ausgezeichnet mit Goldmedaille Berliner Weintrophy – für schlanke 11,99. Abgerundet wird das Ganze von einer neuen Ausgabe der Edition Fritz Keller 2008 Baden Rotwein Cuvée für 4,99. Das ist ja beim Discounter schon fast Hochpreis, gemessen an dem NETTO Dauerniedrigpreis für Baden rot für 2,28.
Auch die Fachhändler haben den Rotstift angesetzt: aus den AMAZON Buchpaketen flattert die Online Offerte von Wein&Vinos aus Berlin: sechs Spanier mit 50% Rabatt für 29 Euro statt 58 Euro Normalpreis. „Dabei auch Gewächse wie ein 2004er Avior Rioja Reserva … also beileibe nicht nur simple Tropfen aus der Einstiegskategorie“ wie Engelhard registriert. Auch in den 6 Wein&Vinos-Filialen in Berlin und München hängt eine 50% Offerte im Fenster: Juan Gil Seleccion Bartolome 2009, ein 94 Parker Punkte Wein in der 12 Kiste für 77,70 Euro statt 155,40 Euro. Aus dem gleichen Haus stammt auch die medienwirksame 3-Liter Krisenbox.
Bei RINDCHEN kann man natürlich auch im November wieder gut einkaufen und spart bis zu 55%. Hier sieht’s allerdings ein bißchen nach Rest-Posten aus, wenngleich auch aktuelle Ware mit dabei ist.
Auch in Tornesch wird gespart: beim VINO SELECT Testpaket von HAWESKO sind dasmit 168 Euro 32% gegenüber dem Normalpreis von 247,20. Auf der Internetseite findet sich ein Extra-Reiter mit „Prozente“.
Ganze 40% spart der Kunde bei Mövenpick, wenn er sich für den Shiraz Pirramimma White Label entscheidet – statt 21 Euro gibts den Australier für 12,60 Euro. „Unser exklusives Geschenk zu Ihrem besonderen Fest“ schreibt Mövenpick dazu.
Jacques‘ kann oder will bei all dem Hochprozentigen nicht mittun: der aktuelle Angebotswein Fonfile Syrah für 5,90 aus dem Languedoc bringt es für Inhaber der Jacques‘ Kundenkarte mit 4,80 gerade einmal auf 18%.
Eine Frage drängt sich auf: Ab welchem Rabatt-Prozentsatz wird eine Branche unglaubwürdig – die sich gerne als Hüterin und Vermittlerin eines Kulturgutes sieht?
22. November 2010 um 13:08
bei einigen Händlern – auch bekannten – sieht das in der Tat nach „Resterampe“ aus, man wirft die Ladenhüter und miesen Jahrgänge mit Rabatt aus dem Programm…
(wenn man bei manchen Bordeaux mal die Subskriptionspreise mit denen der rabattierten Jahrgänge vergleicht, kommen einem schon ein paar Gedanken)
Und 50% und mehr Rabatt? Möchte mal die EK-Preise bei Wein&Vinos und Konsorten sehen… unter seriös verstehe ich persönlich etwas anderes.
Aus Perspektive des Winzers wäre ich über eine derartige Ausverkaufsaktion auch nicht erfreut, insbesondere, wenn ich auch ab Hof und auch an andere Fachhändler verkaufe…
Danke jedenfalls für den mal wieder aufschlussreichen Artikel!
22. November 2010 um 13:16
sagen wir es mal Vorsichtig, wenn ich wie eine Apotheke kalkuliere, kann ich auch viel Rabatt geben, dann wären dann aber beim Normalpreis vieler anderer Anbieter….
23. November 2010 um 10:14
Wie solche Preise zustandekommen – da darf man gerne drüber spekulieren. Es ist vielleicht hilfreich, sich einmal mit den Stichworten Mondpreis oder Preisgegenüberstellung zu beschäftigen, bevor man sich öffentlich äußert.
30. November 2010 um 16:28
Auch ich habe letzte Woche über die Angebote von „Vino“ nicht schlecht gestaunt. Da ist einfach die Frage für den Fachhändler wie die Weingüter mit ihren Kalkulationen bei solchen Anbietern verfahren. Da muss einfach der ein oder andere Werbekostenzuschuss dabei sein, den für Lau arbeiten Pieroth und Co. auch nicht. Und der Fachhändler bekommt hierbei, seinen sonst so lobenswerten Individualismus gespiegelt. Die Lösung im Serviceorientierten (zertifizierten) Fachhandel wäre vielleicht, mit netto Preisen plus jeweiliger Service/Dienstleistungsgebühr zu verkaufen. Aber da träume ich mal weiter….
Mal schauen wie es am Ende wieder ausgeht.
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