Jetzt wird wieder eingekauft: Fisch für den Gründonnerstag, ein schönes Frühstück fürs Wochenende. Wahlweise Lamm, Hase oder Kanninchen fürs Oster-Menue. Und dazu findet sich im Einkaufs-Wagen auch die ein oder andere Flasche Wein. Preisklasse 4 bis 8 Euro.
Moment mal: beim Blick auf das Band an der Kasse bei REWE oder EDEKA bleibt der Blick an Weinen hängen, die man noch vor einigen Jahren als echte Fachhandels-Produkte angesehen hat. Was ist passiert? Ich sprach darüber bei der Prowein mit einigen Firmenvertretern. Hier scheinen sich tatsächlich gravierende Veränderungen im Weinmarkt widerzuspiegeln.
Vor vier oder fünf Jahren hatte Prof. Hoffmann eine mögliche Veränderung der Sortimente und Preispositionen in Discount, traditionellem LEH und Fachhandel beschrieben. Diese zunächst langsame Veränderung hat durch die Krise in den letzten beiden Jahren an Fahrt aufgenommen. Das Szenario sieht so aus: der Discount beansprucht die Hoheit über den Preiseingang, nimmt sich gleichzeitig das Recht, in Aktionen den ein oder anderen Fachhandelswein zu verwerten. Das beste Beispiel ist Aldi mit seinen Keller- und VDP-Aktionen.
Dadurch bekommt der klassische LEH von unten Druck: zunächst wurde versucht mit „aldi-nativen“ Sortimenten zu kontern. Das macht wenig Spaß: dabei geht die Marge in die Knie. Also wird das mengen- und margenstarke Sortiment um die 4 – 6 Euro angepeilt. Etwas trading-up muss sein: die EDEKA Wein-Lese kommt daher, wie ein Fachhandelsauftritt. Und für die REWE Weinwelt wird einer der drei deutschen Master of Wine bemüht. (Der zweite ist ja schon bei Aldi unter Vertrag und der dritte betreibt seinen eigenen Weinhandel) Die Strategie scheint sich auszuzahlen. Ein Blick auf die Nielsen, IRI und GFK Zahlen für 2009 zeigt: der klassische LEH hat in der Menge zwar etwas verloren, seinen Anteil am Gesamtumsatz Wein jedoch ausgebaut. Das Plus beträgt zwischen 2,5 bis 9% (je nach Statistik und Betrachtungsweise).
Der Fachhandel ist derjenige, den die „Hunde beissen“, wie man so schön sagt: sein Durchschnittspreis liegt bei 6 – 7 Euro die Flasche. Auch er bekommt jetzt Druck von unten. Gerade weil er in der Krise eher noch ein größeres Stück vom 5 – 6 Euro Kuchen haben möchte. Denn oben ist die Luft ganz dünn geworden. Champagner ist fast komplett ausgefallen und Bordeaux zieht immer weniger.
„Ich hatte früher Fachhändler, die zogen pro Jahr 5 bis 6 Paletten von einem Wein. Hattest du 30 oder 40 in dieser Größenordnung, war das kein schlechtes Geschäft“ sagte eine Vertreter bei der Prowein. „Leider sind die einen weg. Einfach pleite. Und die anderen konzentrieren sich auf ihre Eigen-Importe. Auf das, was ihnen Geld bringt. Da kann man nicht böse sein.“
Der Vertreter muß aber auch sehen, wo er bleibt. Und da kam die oben beschriebene Profilierungs-Not des klassischen LEH gerade recht. Das ist der Grund, warum jetzt immer mehr ehemalige Fachhandels-Weine im LEH zu finden sind. „Auch meine Lieferanten sind in den letzten Jahren gewachsen. Manch einer ist über das Fachhandels-Stadium hinausgewachsen.“
Was für den kleinen Fachhändler die Eigen-Importe aus Spanien, Italien und Frankreich oder Eigen-Abfüllungen deutscher Lieferanten sind, sind für die Großen Eigen-Marken. Sie versprechen deutlich mehr Spanne, als bekannte Marken und Erzeuger, mit denen man gleich wieder in der Preisoptik steht. Trends im Fachhandel orientieren sich so immer mehr an wirtschaftlichen Notwendigkeiten: Spanien bot im letzten Jahr die günstigsten Weine. Deshalb gehörten die Spanier bei den Eigen-Importen zu des Fachhandels liebsten Kindern.
Innovationen findet man im Fachhandel immer seltener. „Mit neuen Produkten brauchst du da garnicht hingehen. Die können das nicht. Der Fachhändler muß immer alles erklären. Manchmal verfängt er sich in seinen eigenen Argumenten. Einen Test bekommst du viel schneller mit einem guten Einkäufer im LEH oder einem EDEKA Menschen gestrickt.“ Traurig aber wahr.
Die nächste Stufe der Vereinheitlichung und Konzentration hat begonnen.