Wer sich zwei Wochen vor Weihnachten einmal durch die aktuellen Online-Angebote und Newsletter des Wein-Fachhandels klickt, kann den Eindruck gewinnen, daß hier eine Branche kollektiv am Rad dreht. Überall wird mächtig gespart, der Rotstift dick angesetzt, Rabatt und Discount allenthalben. Der Glaube an die frohe Botschaft, wie sie Hermann Pilz von der „Weinwirtschaft“ vor zwei Wochen verbreitete, scheint nicht allzu fest zu sein.
Ein kleiner Rundblick:
Die letzten Angebote von Fine-Wine-Marktführer Hawesko in seinen wöchentlichen Newslettern: 6.11. Dom Perignon reduziert von135 auf 129 €, 4.12. Nikolausangebot 12 für 11, 27.11. Vino Select 6 Premium Weine statt 256,70 nur 198,00
Mövenpick liegt im November am 23.11. mit Raritäten mit bis zu 50% bei der Rabatt-Rally ganz schön weit vorn. Auch aktuell wird heruntergezeichnet: im letzten Newsletter vom 03.12. heißt es „Wein und Fisch für Ihre Festtafel zusammen mit Deutsche See 2008 Chablis Champs Royaux statt 15,50 jetzt 12,90 €“
Knapp hinter Mövenpick liegt Rindchen 49% für die „ultimative Auswahl aus WeinNews und GutEingekauft“ – 12 Weine + Olivenöl + Karaffe + Parmesan-Boules + CD € 99,75 statt € 195,05 satte 49% gespart. Im Online-Newsletter vom 26.11. sind unter „Rotweinzeit Dezember“ eher preiswerte Weine bis 10 € zu finden, alle auch noch leicht im Preis gesenkt. Rindchen schafft es sogar, einen 2008 Carignan Vieilles Vignes, La Prade Mariaus dem Roussillon von 3,95 auf 3,60 € zu reduzieren. Das hat fast Discount-Niveau!
Ausnahme im Streichkonzert: bei Jacques‘ versucht man es mit Zugaben. So am 26.11. mit einem 6er-Paket Festtagsweine mit 2 Ausgießhilfen. Am 02.12. gibts allerdings auch hier einen Sonderpreis für Kartenkunden, ein Jacques-Klassiker, der Villalta Cariñena Reserva 2005 kostet statt 7,90 € nur 5,95€ „ein Grund mehr, sich auf Weihnachten zu freuen.“
Auch bei anderen Anbietern wird der weihnachtliche Besucher im Internet mit reduzierten Preisen begrüßt: so bei Vino24 . Brogsitter bringt auf der Homepage sein 4 + 2 Angebot mit 2008er Chablis Domaine des Héritières (4 zahlen à 14,95 plus 2 Flaschen Gratiszugabe = 50%). Und der mittlerweile mit 8 Franchise-Outlets vertretene VIF-Weinhandel aus Saarbrücken hat seinen 2004 Vino Nobile „Quercione“ DOCG Empfehlung des Monats von 19,94 auf 17,95 € gesenkt. Selbst Edel-Öko-Anbieter Delinat offeriert frachtfreie Lieferung, wenn auch keine Preisreduzierung.
Das es noch günstiger geht zeigt der Berliner Spanien-Spezialist Wein&Vinos: wer seine Gans-to-Go bei W&V Partner Culiartis ordert, bekommt den Wein dazu: gratis! Auf der Vorderseite des Weihnachts-Scheckheftes 2009 prangt ein dicker Stempel: „Jetzt wird gespart – 100% – Frohes Weihnachtsfest“. Daß das nicht ironisch gemeint ist, zeigt die Rückseite: auch hier gibts noch einmal einen „klassischen Rioja aus bestem Haus“ für GRATIS , wenn man einen Karton der Weihnachtsweine kauft.
Neben den durchgestrichenen Preisen fällt bei den Weihnachts-Offerten auf, daß sie sich ehr im Mittel-Preis-Segment zwischen 6 bis 10 Euro bewegen. Angebote darüber sind eher selten. Weihnachten scheint diese Jahr weitgehend ohne Burgund, Bordeaux und Champagne stattzufinden. Es sind aber noch zwei Wochen bis dorthin. Also noch viel Zeit für Preis-Raketen!
Für Harry Schumacher von Beer Business Daily wirkt Rabattieren als Marketing-Instrument wie eine Droge. Er schrieb unlängst über den US-Biermarkt: “ Now, as unemployment deepens, they’ve learned to hit the price button, that last bastion of beer industry marketplace tactics. And like a drug addict they’ve learned, as we once did, that they have to hit the button more often and harder each time to get the same effect.“
Und die Kunden? Die sind doch nicht blöd – die kaufen demnächst nur noch bei GRATIS !
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