Nur 20 % der Internet-User, die sich im Netz über Wein informieren, sehen in den USA und Großbritannien Weinblogger als zuverlässige Quelle. In Frankreich trauen sogar nur 10% den Bloggern. Damit ist die Blog-Szene der Kanal mit dem geringsten Vertrauensbonus – so formulieren es etwas provozierend die Marktforscher von Wine Intelligence aus London.
Das Ergebnis der aktuellen Wine Intelligence Studie sagt: 80% der Wein-Freunde in USA und UK vertrauen in erster Linie ihrem Weinfachhändler. Die Geringschätzung der Wein-Blog-Szene hält die Wein-Liebhaber aber nicht davon ab, sich im Netz zu ihrem Thema zu informieren: 2/3 informieren sich in den USA gezielt über das Netz, einer von dreien tut das auch in Social Media.
In Europa sind es nur etwa 50% die im Internet nach Informationen zu Wein suchen und ledigleich 16% schauen dazu auch in die Kanäle von Social Media.
Interessant: gelten in den USA die Webseiten kleiner Wein-Shops, von Zeitungen und kleinen, unabhängigen Produzenten als besonders vertrauenswürdig, werden auf den britischen Inseln die Seiten der großen Supermarktketten wie Tesco, Asda, Sainsbury oder Waitrose als besonders informativ angesehen. Das ist auch kein Wunder: so empfiehlt bei Marks & Spencer Chef-Einkäufer Chris Murphy den Wein der Woche oder des Monats in einem Video persönlich. Die Infos auf der Website reichen fast an den Umfang und die Qualität der Top-Seiten des Fachhandels heran oder übertreffen sie sogar.
In Frankreich genießen die Auftritte der Produzenten die höchste Wertschätzung der Verbraucher.
Take-away laut Wine Intelligence: Reputation wird nicht im Internet aufgebaut – sondern im Alltag. Im Facebook Zeitalter gelte es, die Vertrauensbasis ins Internet hinein zu verlängern.
Eine Anmerkung: Es ist schade, daß Wine Intelligence bisher in Deutschland noch nicht so richtig Fuß fassen konnte – ich habe sie in UK als außerordentlich kompetent und hilfreich empfunden. Hier sind Marktforscher unterwegs, die sich in der Branche auskennen. Das kann man von unseren hiesigen Instituten nur selten behaupten – die Weinbranche scheint zu klein zu sein, als daß man sich hier richtig engagiert.
10. Februar 2011 um 10:02
Und was ist daran jetzt so erstaunlich? Die Ergebnisse decken sich jedenfalls mit denen einer Untersuchung der Uni Hamburg, die ENO WorldWine einmal initiiert und begleitet hat. Das Problem der Blogger: Zersplitterung, kein Aufbau eines Markenimages, das Zuverlässigkeit und Seriosität transportieren könnte, etc. etc. Wissen wir alle seit einigen Jahren – und diskutieren es schon ebenso lange. Das Internet ist eben doch keine Welt für sich, sondern besteht aus Menschen, die immer noch funktionieren wie anno dunnemal. Bestes Beispiel: die Kesselflicker von Wikileaks.
10. Februar 2011 um 11:37
TRUST ist ein ganz wichtiges Wort – und das erwirbt man sich im Netz wie im richtigen Leben: indem man offen, ehrlich, zuverlässig und höflich ist und den Lesern Mehrwert vermittelt!
10. Februar 2011 um 13:50
Kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich selbst lese – obwohl extrem internetaktiv – nur wenig mehr als ein halbes Dutzend deutschsprachige Weinblogs regelmässig. Diese geniessen aber in meinen Augen eine sehr hohe Reputation. Auch in Frankreich und Südafrika – zwei L#änder, die mich besonders interessieren – kenne ich jeweils auch nur eine Handvoll, die ich für wirklich lesenswert halte. Im angelsächsischen Raum und in Asien ist es aber sicher deutlich mehr als ein Dutzend.
10. Februar 2011 um 15:06
Es gibt dazu eine hervorragende Antwort auf Vinography http://www.vinography.com/archives/2011/02/why_trust_a_wine_blogger.html Da ist nicht mehr viel hinzuzuzügen. Außerdem traut uns ja sowieso keiner über den Weg…
10. Februar 2011 um 16:50
Vielen dank für den Link zu Alder Yarrow – sehr guter Artikel zum Thema. Alder geht mit seinen US Blogger Kollegen auch nicht gerade zimperlich um!
Leider wurden bei uns keine Daten erhoben – da es in Deutschland nicht genug Wine Intelligence Kunden gibt – ich befürchte, die Zahlen wären ähnlich ausgefallen.
11. Februar 2011 um 10:39
es lohnt sich aber auch, zur „Studie“ diesen Artikel zu lesen, der die Motivation der Veröffentlicher aufzeigt und die Methode auseinander pflückt:
http://www.anotherwineblog.com/archives/11392
Wer befragt wen wie wo und warum – irgendwie doch die klassischen Fragen ;-).
11. Februar 2011 um 14:40
Liebe Iris,
ich hatte schon eine Reihe von Artikeln zu dieser Studie gelesen – und manch einem der Kommentatoren scheint wirklich nicht klar zu sein, wie repräsentative Stichproben funktionieren.
Auch die Aussagen, die wir über den Weinmarkt bekommen, resultieren auf den Aussagen einiger weniger Befragter – in den 8oer Jahren waren es in Deutschland noch nicht einmal 2.000 Menschen. Damit haben wir gut gelebt, trotzdem waren wir alle froh, als in den 90ern auf die 14.000 Stichprobe umgestellt wurde.
Wenn man schon wie Amy zitiert, sollte man das auch richtig tun: die Leute von Wine Intelligence haben von Anfang an gesagt, daß sie sich bei der Studie für eine provozierende Überschrift entschieden haben. Zum einen, weil sie von der Richtigkeit der Aussagen überzeugt sind, zum anderen, weil sie bewußt eine Diskussion wollten und natürlich auch Studien verkaufen möchten. Die Diskussion haben wir jetzt.
Ein legitimes Anliegen für eine Marktforschungsfirma finde ich.
Nachzulesen hier: http://www.wineintelligence.com/2011/02/04/bloggers-bite-back/
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