Gemeinsam ist man weniger allein – gemeinsam kann man aber vor allem stärker sein. Ein gutes Beispiel ist der Weinbund Berlin, der am letzten Wochenende seine Jahrespräsentation im Logenhaus hatte.
400 Besucher konnten aus 300 Weinen auswählen. Die 10 Mitgliedsfirmen des Weinbundes engagieren „sich für die Förderung einer nachhaltigen Weinkultur in der deutschen Hauptstadt.“ Jeder hat sein eigenes Profil und mancher schafft bei seinen Veranstaltungen, ähnliche Besucherzahlen zu generieren – aber die Jahrespräsentation hat sich als festes Datum im Kalender der Berliner Weinfreunde etabliert.
Außer der jährlichen Präsentation betreibt man eine gemeinsame Webseite, die kürzlich neu gestaltet wurde. Es gibt einen Weinbund-Wein, der in allen Geschäften verkauft wird und man führt Weinseminare und Tastings durch, die gemeinsam beworben werden. Auch zur großen Präsentation lädt jeder seine Kunden ein. Der Weinbund ist keine juristische Person – man trifft sich einmal im Monat – alles funktioniert auf Zuruf. Die Webseite wird von einem der Mitglieder betreut, die Pressearbeit von einem anderen, …
Weinhändler sind Individualisten und es ist schwierig, mehrere auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. In Berlin haben sich altbekannte Adressen wie Hardys, Wein&Glas und Rolf Paasburg 1999 mit damaligen „Newcomern“ zusammengetan. Vom gemeinsamen Weinbund profitieren sie alle.
GEV Osnabrück
Wie schwierig es ist, Weinhändler zusammen zu bringen, können alle berichten, die es unter den verschiedensten Vorzeichen versucht haben und noch versuchen. Da ist zum Beispiel die GEV in Osnabrück mit ihrem „Weinspektrum – Fördergemeinschaft führender Weinfachhändler„. Besonders weinaffine Kunden des Großhändlers haben sich für gemeinsame Verkaufsaktionen zusammengetan. Von Osnabrück aus werden Marketingmaßnahmen wie Mailings, Gutscheine oder eine Kundenzeitschrift koordiniert. Auch das Weinspektrum legt Wert darauf, daß seine Mitglieder „Individualisten“ sind. Die GEV ist auch Mitveranstalter bei der Nacht der guten Weine. Selbst bei einer solch populären Veranstaltung, scheint es schwierig zu sein, alle Mitglieder fürs Mitmachen zu begeistern.
Wein Live e.V.
Die Vertretung gemeinsamer Interessen, die Förderung eines Qualitätsimages für den Wein-Handel durch hochwertiges Marketing und Qualifizierungsangebote hat sich Wein Live auf die Fahnen geschrieben. Nach einem vielversprechenden Start in 2006/07 ist es ruhig um den Verein geworden. Vom Zertifizierung-Prozeß nach einem gemeinsamen Qualitätsstandard, einem Kernstück der Vereinsarbeit, hört man wenig. Es gibt zwar eine Webseite zum Thema, auf der man zertifizierte Mitgliedsbetriebe finden kann, aber mit der Zertifizierung scheint es genauso schwierig zu sein, wei bei der Mitgliedergewinnung. Bei der Gründung war man mittelfristig von 450 Mitgliedern ausgegangen – damit hätte der Verein eine Größe, die genug Mittel für ein gemeinsames Marketing und eine Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bereitstellt. Heute, sechs Jahre später ist man bei 90 Mitgliedern. Auch Wein Live fördert die Nacht der guten Weine – die Resonnanz unter den Mitgliedern ist ähnlich wie bei der GEV.
SHW – stationäre hauptberufliche Weinhändler
Als letztes Beispiel sei Rolf Cordes genannt. An seinem Beispiel sieht man, was angenommen wird und was nicht. Cordes hatte seinerzeit den Versand-Rahmenvertrag mit UPS für die IG Wein & Versand ausgehandelt und über Wein Plus bekannt gemacht. Nach anfänglicher Skepsis nutzen heute circa 1.000 Winzer und Händler die günstigen Konditionen. Die Bündelung bringt geldwerte Vorteile – eine andere Bindung gibt es nicht.
Mit seinem neuen Projekt SHW – stationäre hauptberufliche Weinhändler verfolgt Cordes ein ähnliches Ziel, wie der Wein Live Verein. Aufmerksamkeit durch gemeinsames Marketing. Der Direkt-Import-Preis, bei dem Endverbraucher im Rahmen eines Wein-Abos zum Großhandelspreis einkaufen können, soll für die notwendige Aufmerksamkeit sorgen. Nach dem Start des Projektes im Herbst 2011 ist Cordes zwar nicht frustriert,“weil ich sie ja kenne, die Kollegen!“ – aber er hatte wohl nicht damit gerechnet, daß er mit nur 15 Partnern an den Start gehen würde.
An Cordes Beispiel sieht man, daß sich die Händler -salopp ausgedrückt- die Rosinen rauspicken. Vorteile ja – Bindung nein. Auch wenn nach wie vor jeder für sein eigenes Geschäft verantwortlich ist – nur über gemeinsame Aktionen ist mit einem moderaten Mitteleinsatz die Aufmerksamkeit zu erreichen, die für eine so diversifizierte Branche wie den Weineinzelhandel dringend notwendig ist.
20. November 2011 um 19:46
Der Anfang: 15 mutige Kollegen
Klar erwartete ich mehr Resonanz bei der Gründung. Aber was soll es :-)
Es meldeten sich noch mehrere Fachhändler, die aber erst im neuen Jahr evtl. dazu kommen möchten.
Langsam wachsen wir 15 zusammen, auch wenn es in der Anfangsphase etwas Zeit für die Feinabstimmung benötigte. Es geht voran ….
So ist meine konsequente und direkte Zielsetzung durchaus für den einen oder anderen Kollegen gewöhnungsbedürftig. Aber es geht nicht anders.
Außerdem hat keiner etwas zu verlieren, sondern nur zu gewinnen!
Ich betrachte die erste gemeinsame Bestellung für unseren Monatswein als großen Erfolg. Denn die Kollegen haben sich dabei auf mich verlassen und die Weine blind geordert.
Nachdem etablierte Importeure durchaus zurückhaltend auf das Projekt SHW reagieren, werden wir zunehmend in dem Bereich des gemeinsamen Imports aktiv werden müssen. Welcher Winzer freut sich in der heutigen Zeit nicht, wenn er bis zu 15 neue Kunden auf einen Schlag hat?
Tja und und uns stationären Händlern kann es egal sein, wenn wir in 15 oder mehr Weinhandlungen in Deutschland unsere Aktionsweine positionieren. Wären wir reine Onlinehändler wäre es problematisch.
„Stufenweiser Einstieg“
Da ich das System geprüft habe und weiß, dass es funktioniert, habe ich die Latte für die Kollegen recht hoch gelegt. Die aktuellen Kollegen mussten mehr oder weniger zu 100% das System einführen. Zukünftig wird den Kollegen der Einstieg in unser SHW System erleichtert. Jetzt ist dieses auch stufenweise möglich. So merkt dann jeder Händler, dass es gar nicht so weh tut ….
Da Preis und Sortiment aber nicht die Lösung für alles sind, werden wir das Problem gemeinsam an der Wurzel anpacken.
Dabei wird das System aber niemals aufgebläht werden, es bleibt schlank , arbeitet unbürokratisch, zielorientiert und „Low Budget“.
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