Personal zu finden, scheint für Weinhändler eine der schwierigsten Aufgaben zu sein. „Ich weiss bald nicht mehr, wo ich noch inserieren soll“ klagt ein Händler
„besonders schwierig ist es bei den Aushilfen, die hauptsächlich am Wochenende oder als Urlaubsvertretung arbeiten.“ Anders als zum Beispiel im Lebensmittelhandel, wo auf Minijob-Basis Kolonnen von Schülern, Studenten und Hausfrauen abends zwei- oder dreimal die Woche die Regale füllen sind die Aufgaben im Weinhandel anspruchsvoller.
Hier ist neben dem Verräumen meist auch noch Verkaufen gefragt. Für Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen kommt der Umgang mit Kasse und Warenwirtschaft dazu. Für den Verkauf sollte man sich mit dem Sortiment auskennen und auch noch ein entsprechendes Weinwissen haben. Und das alles soll jemand draufhaben, der nur wenige Stunden pro Woche arbeitet?! Da braucht es schon viel Motivation oder ein entsprechendes Interesse am Produkt.
Für Weinfreunde müsste es doch ein paradiesischer Job sein, in einem Weinladen zu arbeiten?! Die Erfahrung zeigt jedoch, dass das Interesse schnell erlischt, wenn es um das Abpacken von Paletten und andere Routinearbeiten geht. Es ist ein großer Unterschied tolle Weine zu probieren und davon zu schwärmen oder jede Woche ein bis zwei Tonnen Ware zu verräumen.
Das könnten vielleicht gelernte Verkäufer. „Da gibt es gleich mehrere Probleme“ berichtet eine Händlerin „viele bekommen gleich Angst, wenn sie unser internationales Sortiment sehen. Französisch kann ich nicht – heißt es dann. Außerdem sollte man im Verkauf das gleiche Niveau haben, wie die Kunden. Es wird ja nicht nur über Wein gesprochen. Und da wird es dann bei den Leuten, die mir die Arbeitsagentur schickt sehr, sehr schwierig.“
Deshalb melden die meisten Weinhändler offene Stellen nicht an die Agentur. Oder inserieren auch nicht in Zeitungen. Froh sind Händler, die einen Stamm von Studenten um sich scharen können: macht einer Examen, ist gleich ein anderer zur Stelle. Läuft es gut, ist eine solche Daueraushilfe zwei oder drei Jahre dabei. Sieben bis zehn Euro pro Stunde wird je nach Region und Geschäft bezahlt – für das was verlangt wird, nicht gerade üppig.
Ab demnächst dürfen die Jobber etwas mehr verdienen: die Koalition hat beschlossen, die Verdienstgrenze für Minijobs um 50 Euro auf zukünftig 450 Euro anzuheben.
Vor ähnlichen Problemen wie die Fachhändler steht der LEH, der seine Weinabteilung mit Fachpersonal aufrüsten will. Ein EDEKA-Marktleiter „Wir haben früher viele Leute aus der Gastronomie gewinnen können, aber seitdem wir auch Abend-Öffnungszeiten bis 22 Uhr und länger haben, wird das immer schwieriger. Die wollten ja gerade wegen Arbeitszeiten aus der Gastronomie weg.“ Auch für Sommeliers oder ausgebildete Weinfachberater ist die Arbeit im Supermarkt oft wenig attraktiv: „Beratung ist vielleicht 20% unserer Zeit – meistens sind wir doch beim Bestellen und Einräumen.“ Zur Zeit profitiert man im LEH von der Krise der Getränkemärkte: Mitarbeiter von dort sind zumindest das Palettenschieben und Einräumen gewohnt.
Ein Ausweg aus der Mitarbeiter-Misere? D e n Ausweg gibt es wohl nicht. Der eine versucht neue Mitarbeiter unter den Kunden zu requirieren, jemand anders veranstaltet Weinproben um Studenten „anzufüttern“, ein dritter hat sich auf weininteressierte Hausfrauen verlegt. Was man auf jeden Fall machen sollte: Interessenten eine Basis-Qualifikation anbieten, die die Angst vor der Vielfalt nimmt und ein System vermittelt, wie man sich selbstständig in die Weinwelt einarbeiten kann.
Einen solchen praxis-orientierten Einstieg bietet der WSET Level 1 Award in Wines Tageskurs.
3. Januar 2012 um 17:10
hallo Herr Pleitgen,
der Händler bzw. Händlerin, ich nehme an daß das auf dem Foto wohl die
Dame ist(außer es ist ein Musterfoto), hätte doch gerade auf Ihrem Portal
die Möglichkeit für diesen Job zu werben. Arbeitsamt ist da sicher nicht das richtige. Möglichkeiten gäbe es ja auch sicher über Zeitschrift wie Weinwirtschaft oder ähnliches.
Für einen Weinfachberater, sollte es auch selbstverständlich sein Ware zu verräumen ich denke da ist sich auch keiner zu Schade dafür.
Ob es jedoch noch genügend Fachpersonal am Markt gibt ist eine andere
Frage.
Ich kenne dieses Problem unter anderem noch aus der Branche des Orientteppich Fachhandels. Viele gelernte Kräfte sind in andere Branchen
gewechselt (oft ganz weg vom Einzelhandel) das war damals auch schon vor über 20 Jahren so. Es wurden keine richtigen Fachleute mehr gefunden, vorallem die Nachfrage nach erlesenen Teppichen ging mit den Jahren zurück und viele Händler hielten sich mit Eröffnungen, Abverkäufen und Wiedereröffnungen an anderen Orten über Wasser.
Heutzutage gibt es für diese Berufsgruppe keinen Grund mehr nach so einem Job zu suchen, weil so gut wie nichts mehr läuft und deshalb kein
Verdienst zu machen ist.
Im Falle des Weinhändlers ist es vielleicht die Frage ob er im Supermarkt angebunden ist (bis 22 Uhr), dann halte ich es für schwierig jemanden als Fachkraft zu finden und sollte es ein unabhängiger Händler mit Fachgeschäft sein(Öffnung bsw. bis 18 Uhr), dann halte ich es eher für möglich. Soweit mal meine Eindrücke zu diesem Fall
mfg. K. Ruckmich
4. Januar 2012 um 11:09
Hallo Herr Ruckmich – gute Idee: vielleicht sollte ich hier eine Rubrik Stellenangebote oder Personalsuche anbieten. Bei Wein-Plus ist unter dieser Rubrik allerdings so gut wie nichts los.
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