Keine besonders frohe Botschaft für die Weinfachhändler hatte Prof. Dr. Ruth Fleuchaus beim Weinhandels-Workshop in Heilbronn in der vergangenen Woche bereit: im Vergleich 2010/2011 der Gesellschaft für Konsumforschung (GFK) sind es wieder einmal die Discounter, die Wertschöpfung generieren – während der Fachhandel weiter verliert.
Wertschöpfung bei den Discountern
ALDI verlor 2011 zwar 4,6% an Menge, legte aber gleichzeitig 2,7% beim Wert zu. Ähnlich sieht es bei den anderen Discountern aus: Menge – 2,5%, Wert + 2,2%. Damit liegen die Discounter besser als der Gesamtmarkt: insgesamt ging der Wein-Absatz um 2,7% zurück während der Umsatz um 1,9 % wuchs.
Der Fachhandel verlor im gleichen Zeitraum 4,9% in der Menge und 2,1% beim Wert. Der Anteil des Fachhandels am Gesamtmarkt ist weiterhin rückläufig: nur 6% in der Menge (Vorjahr 7%) und 15% am Umsatz (Vorjahr16%) gehen noch über die Kasse der Fachhändler. Im Vergleich 2010 / 11 sieht es ganz so aus, als habe der Fachhandel auf Kosten des Direktabsatzes der Winzer verloren.
Weinfachhandel „älter“ als Gesamtmarkt
Prof. Fleuchaus wies auf eine weitere nicht gerade erfreuliche Tatsache hin: der Fachhandel ist für jüngere Käufern wenig attraktiv. 77% seiner Kunden sind den etablierten Familien und den Senioren zuzuordnen. Insgesamt ist Wein „jünger“: im Gesamtmarkt sind nur 66% der Käufer diesen Kundengruppen zuzuordnen.
Könnte es sein, dass der Fachhandel ein Image-Problem hat? fragt Fleuchaus und zitiert aus einer Untersuchung der Forschungsanstalt Geisenheim: dort stuften die Verbraucher den Fachhandel als „teuer“ und wenig modern ein. Man gehe dorthin, um Weine für besondere Anlässe oder als Geschenk einzukaufen. Ob das auf die Dauer zum Überleben reicht?
Andere Untersuchungen zeigen, dass die Fachhändler sich zwar intensiv um ihr Sortiment und den Einkauf kümmern, aber sich ansonsten wenig von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen leiten lassen. Auch an Kenntnissen über den Wettbewerb fehlt es. Das wichtige Thema Kundenbindung wird eher „aus dem Bauch heraus“ als mit System – beispielsweise Kundenclubs, regelmäßigen Mailings oder Email-Marketing – angegangen.
Daten und Zahlen fehlen
Im Anschluß an den Vortrag von Prof. Fleuchaus konnte ich zeigen, dass auch auf weiteren, für den Handel typischen Themenfeldern wie Standort, Mitarbeiterqualität, Service, Präsentation, Kundensegmentierung und Neukundengewinnung weitgehend „der Bauch“ herrscht. Festzustellen ist auf jeden Fall, dass es für Weinhändler keine spezielle Ausbildung gibt und insgesamt an aussagekräftigen Zahlen mangelt, da die in der Branche niemand erhebt.
Betriebsvergleiche oder ein Benchmarking, wie es in anderen Branchen üblich ist, sei auch für den Weinhandel dringend notwendig, meinten die Tagungsteilnehmer in einer ersten Diskussions-Runde.
Die beiden Einführungsvorträge von Prof Dr. Ruth Fleuchaus und Michael W. Pleitgen um Fachhandelsworkshop können von der Internet-Seite der Hochschule Heilbronn als PDF heruntergeladen werden.
Weitere Berichte zu den Workshop Themen Online, Multi Channel und stationärer Fachhandel folgen.
20. September 2012 um 12:22
Ich bin gespannt auf die Fortsetzung Ihres Berichts. Meine Eindrücke zum Workshop finden Sie hier: http://www.13grad.com/qr/qogb
Pingback: Workshop zur Zukunft des Weinfachhandels ein voller Erfolg « Weinbetriebswirtschaft.de | Blog des Studiengangs Weinbetriebswirtschaft
Pingback: Warum der LEH es (noch) nicht richtig kann
Pingback: Sortiment und Preis allein reichen nicht aus
Pingback: Der Weinfachhandel muss sich neu erfinden