Um es gleich vorweg zu sagen: die Überraschung kam für uns alle zum Schluß – als wir endlich die Weine verkosteten, die schon bald zwei Stunden vor uns auf dem Tisch standen. OPUS ONE Chief Winemaker Michael Silacci und PR-Chef Roger Asleson hatten die Jahrgänge 1995, 2001, 2005, 2006 und 2007 entkorkt und ins Glas gefüllt – vorher gab es allerdings noch die ein oder andere Frage zu besprechen.
Mir ging es darum herauszufinden, was es braucht, um den Anspruch auf eine Wein-Ikone, einen „ICON Wine“, all diese Jahre hochzuhalten und zu rechtfertigen. OPUS ONE war 1979 mit dem Anspruch gestartet, ein absolutes Premium-Gewächs nicht nur zu werden, sondern gleich vom ersten Monemt an zu sein. Das war auf jeden Fall die Absicht der beiden Gründerväter Robert Mondavi und Baron Philippe de Rothschild.
Wie schafft man es, jedes Jahr einen großen Wein herauszubringen? Angesichts der aktuellen Bordeaux-Bewertungen für 2010 eine gute Frage – die Franzosen verweisen auf die Unterschiedlichkeit der Jahrgänge, machen einen Kult daraus und liefern trotzdem seit Jahren nur noch Top-Weine ab, einer besser als der andere.
Innovation ist der Motor
Das Wichtigste für Michael Silacci ist Innovation. Ein Icon-Produzent muß an der Spitze stehen, wenn es um Innovationen geht. Stillstand ist Tod. Innovationen finden nicht nur in der Technik statt sondern auch in Bezug auf die Menschen, die Mitarbeiter.
So gibt es auf OPUS ONE zwei Winemaking-Teams, denen die besten Mitarbeiter angehören. Jedes Teams darf eine kleine Menge (entsprechend etwa 120 Kisten a 9 Liter) eines eigenen Weins machen – angefangen von der Konzeption, durch Wachstum und Reife über die Ernte bis zum Ausbau. Hinterher wird gemeinsam darüber befunden, welcher Team-Wein in das letztendliche Cuvee von OPUS ONE Eingang findet. Da bei geht es weniger um einen Wettbewerb, sondern um eine Weiterentwicklung und Bereicherung des Top-Weines, um das Experiment, den Lerneffekt und das Team-Building. Klar, daß sich hinterher jedes Mitglied des Top-Teams über ein paar Flaschen OPUS ONE freut, die mit der Positiv-Entscheidung verbunden sind.
Technische Innovationen kann sich natürlich am ehesten ein Top-Betrieb leisten, gibt Michael zu und berichtet von der neuen Auslese-Maschine, die man nach einem langen Test installiert hat. Ich kannte das bisher nur vom perfektionistischen Kafferöster Illy, der jede Bohne einzeln kontrolliert. Auf OPUS ONE wird mit der neuen Maschine von Bucher Vaslin jede Beere einzeln vom Computer getestet.
Menschen erfassen Objekte wie Trauben in Clustern – das heißt eine Traube ist eher ok oder eher nicht ok. Danach wird selektiert. Der Computer erfaßt jede einzelne Beere und vergleicht sie mit einem Idealbild – das von Rebsorte zu Rebsorte anders ist – danach kommen die Guten ins Töpfchen und die Schlechten werden aussortiert. Das Schöne: die Maschine ist beim Sortieren unermüdlich und unbestechlich – das Ergebnis statt 4% wie bei Handauslese, sortiert die Maschine nur 2% aus und die Qualität des Lesegutes ist sogar noch besser!
Wenn bei der Lese und im Keller auf moderne Technik gesetzt wird, wie schaut es dann mit modernen Verschlüssen aus ? „Wollen wir nicht, weil es nicht zu unserer Vorstellung von einem Icon-Wein passt und weil wir für unseren Wein mit alternativen Verschlüssen keine Erfahrungswerte haben“ sagt Silacci. „Trotzdem tun wir was: wir haben mit unseren Korklieferanten ein rigides Prüfverfahren nach Losgrößen vereinbart – wir behalten uns vor letztendlich vor, zu sagen was in Ordnung ist und was nicht. Bei Gr0ßflaschen wird jeder Kork einzeln geprüft.“
Nachhaltig produzieren ist selbstverständlich
Die kalifornische Weinwirtschaft hat sich seit kurzem die Ökologie auf ihre Fahnen geschrieben. Wer schon einmal durch Sonoma County oder das Napa Valley getourt ist, versteht warum: Weinwirtschaft und Wohngebiete sind eng ineinander verwoben und konkurrieren miteinander. Es geht um Wassser, saubere Luft und intakte Umwelt. OPUS ONE ist nach allen Standards zertifiziert. „Wir schreiben nicht auf unsere Etiketten, daß wir eine Green Winery sind, auch wenn wir das Zertifikat haben. Genauso wenig wie wir von Biodynamie reden, obwohl 30% unserer Flächen nach deren Prinzipien bewirtschaftet werden. Für uns ist das selbstverständlich und ein ständiger Prozeß – wir haben in den letzten Jahren den Wasserverbrauch um 80% gesenkt.“
Feedback vom Markt?
Wie wichtig ist für einen Icon-Weinproduzenten das Feedback vom Markt? Haben Konsumenten-Urteile Einfluss auf den Wein? Kennen die Macher von OPUS ONE überhaupt ihre End-Kunden? Bei dieser Frage lachen beide. „Sie wissen warum ich frage?“ sage ich in Erinnerung an Gespräche mit Besitzern von klassifizierten Top-Gewächsen, die eine solche Frage fast als Zumutung einstuften und noch nicht einmal die Telefonnummer ihrer Courtiers nennen konnten. „Natürlich – den Markt für OPUS ONE zu kennen ist sehr wichtig für uns“ sagen beide wie aus einem Mund. Asien ist auch für OPUS ONE außerordenlich wichtig. Japan ist zur Zeit der drittwichtigste Markt, China und Hongkong holen schnell auf. „In Tokyo gibt es bereits seit Jahren ein Büro, für Hongkong oder Shanghai denken wir über ein eigenes Büro nach. Wir versuchen die unterschiedlichen Kulturen zu verstehen – das kann man man am besten vor Ort. Ich werde wahrscheinlich eine meiner besten Mitarbeiterinnen dorthin verlieren“ sagt der PR-Chef „aber dort drüben liegt ohne Zweifel der Zukunfts-Markt für Icon-Weine.“
OPUS ONE gehört seit der Übernahme von Mondavi zu 50% zu Constellation Brands, die andere Hälfte verblieb bei Baron Philippe de Rothschild SA. Constellation gehören auch andere bekannte Namen wie Estancia, Blackstone, Clos du Bois oder Nobilo. Mit vielen ihrer Wein Brands ist die Firma nicht zufrieden. Constellation Chef Rob Sands sprach bei der Vorstellung der Ergebnisse des 4.Quartals 2010 im Januar viel von Neuordnung des Wein-Portfolios, von Kostenmanagement und Effiktivität. Muss OPUS ONE auch in den Drei-Monats-Rythmen der Börse denken? „Bestandteil der Vereinbarungen mit Rothschild war 2004, das OPUS ONE selbstständig und unabhängig bleibt – und daran haben sich beide Partner bis heute gehalten“ sagt Silacci, der seit 2004 die Alleinverantwortung für den Wein hat. Vorher arbeiteten immer ein Amerikaner und ein Europäer zusammen. „Die Zugehörigkeit zu einer oder wie bei uns zu zwei großen Gruppen bringt natürlich Vorteile: in wirtschaftlicher Hinsicht, aber auch beim Erfahrungsaustausch und im Vertrieb. OPUS ONE dürfte wohl die einzige kalifornische Winery sein, deren Weine von ausgesuchten Bordeaux-Handelshäusern vertrieben wird!“
Haben Sie etwas von der Krise gemerkt? „Nein – wenn sie jährlich nur 20 – 25.000 Kisten zu vermarkten haben. Wir haben eher Schwierigkeiten festzulegen, wer wieviel bekommen darf und müssen uns Gedanken machen, wie wir Fälschungen unseres Weins verhindern. Seit 2008 haben wir unseren Wein mit Sicherheitsmerkmalen ausgestattet – wie bei Geldscheinen. Bei jeder einzelnen Flasche kann man erkennen, ob sie echt ist. Auch das ist werterhaltende Innovation – für unsere Kunden. “
Täglich etwas dazulernen
Die Zukunft von OPUS ONE? „Wir bleiben eine Classic Winery“ sagt Silacci „und das heißt, wir arbeiten jeden Tag an unseren Weinen und an der Weiterentwicklung unseres Produktes – Kontinuität und Innovation. Da kann alles so bleiben wie es ist, weil sich immer wieder etwas verändert.“
Zum Schluß dann die Überraschung: für mich, weil ich einen ziemlich einheitlichen Stil erwartete hatte. Dem ist aber ganz und gar nicht so: die älteren Jahrgänge erinnern eher an Old-School-Bordeaux – Tannin und Säure im Vordergrund. Während die Weine ab 2005 eher auf die Frucht abzielen – trotzdem aber ein Riesen-Alterungs- und Reifungs-Potential. 2006 hat witterungsbedingt einen höheren Merlot-Anteil (12% statt 5-7% wie im Schnitt der anderen Jahre) und 2007 weist mit 6% im Cuvee den höchsten Petit Verdot Anteil der OPUS ONE Weine auf. Zudem wurde er zusammen mit dem Cabernet Sauvignon vergoren. Auch hier Innovation – jedes Jahr etwas ausprobieren, jedes Jahr etwas verbessern.
Für Michael Silacci und Roger Asleson war die Probe auch eine Überraschung: „Sonst machen wir die Flaschen auf, probieren und reden dann über die Weine – jetzt haben wir 2 Stunden geredet während die Weine im Glas standen. Und wissen Sie was: die sind jetzt viel besser als bei den anderen Proben!“ Man lernt halt nie aus.
Das Gespräch fand am 23. Februar 2011 im Ritz Carlton in Berlin statt.
11. April 2011 um 10:14
Opus One kenne ich noch nicht. Aber haben Sie mal die Weine von Château Pesquié (im Hintergrund) probiert? Sehr zu empfehlen. Schöne Grüße. Andreas Römer
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