„Wenn Sie noch etwas Zeit haben, bleiben Sie doch zum Essen! Bourride – ganz typisch für Sete“ ruft Fabienne aus der Küche. Stefan steht am Küchentisch mit einem Glas Rosé in der Hand. „Ein gutes Glas Wein gehört zum Essen – und auch zum Kochen“ lacht er.
Fabienne und Stefan sind in der Villa Plaisance zu einem Mittelmeer-Kochkurs bei Heidi Spielmann-Sirguey. Die moderne weiße Villa mit dem tollen Blick auf das Meer liegt auf halber Höhe des Mont Saint Clair – eines Vulkankegels der hinter Sete, der quirligen Hafenstadt an der Heraultküste, aufragt. Fabienne arbeitet als Flugbegleiterin in Frankfurt, Stefan kommt aus Zürich und ist auf seiner Moto Guzzi hierher gefahren. Jetzt kochen sie zusammen.
Aktiv-Urlaub einmal anders
Eine Woche Einkaufen – Kochen – Essen – Trinken. „Ich mag im Urlaub etwas tun, Neues entdecken, etwas lernen“ sagt Stefan. Er kocht gerne – „und außerdem kann ich hier noch Französisch lernen.“ Fabienne hat französische Wurzeln und möchte die Rezepte ihrer Großmutter einmal selbst vor Ort ausprobieren.
Heidi Spielmann-Sirguey kam vor 30 Jahren in den Süden. Die studierte Meeresbiologin aus Stuttgart beendete machte in Montpellier ihren Abschluss und arbeitete dann an der Außenstelle des Institutes in Sete. Hier wurden die Grundlagen der Aquakultur mit Wolfbarschen und Doraden erforscht. Noch heute unterrichtet sie an der Schule für nautische Berufe. Ein großer Vorteil für ihre kochenden Gäste: sie kennt die Austerzüchter und Fischer am Bassin de Thau alle persönlich – aus dem Unterricht.
Der Job in der Schule ist keine Vollzeitbeschäftigung – manche Kurse finden nur einmal im Jahr statt. So entstand vor vier Jahren die Idee zur Sprach- und Kochschule auf dem Mont Saint Clair. Es sollte von Anfang an sehr persönlich sein: pro Woche maximal vier Personen, kein Hardcore- oder Sterne-Koch-Kurs, Spaß und gute Laune sollten im Vordergrund stehen. Gekocht wird in der (gut ausgestatteten) Küche der weißen Villa – im Grunde soll es sich anfühlen, als wäre man bei Freunden zu Gast. Die Rezepte kommen aus der Region. Sie sind zum Nachkochen geeignet.
Wie zu Gast bei Freunden
Vormittags wird zusammen eingekauft – vorzugsweise auf dem Markt. Die Fischauswahl in der Hafenstadt ist natürlich riesig. Dann wird gekocht und gegessen – nachmittags geht’s es je nach Lust und Laune an den Pool oder in die Umgebung. „Die Leute freuen sich, wenn sie jemanden haben, der sich vor Ort auskennt und ihnen Land und Leute nahe bringt“ sagt Spielmann-Sirguey „eine Koch- oder Sprachschule ist eine Art von Aktiv-Urlaub.“ Beim Kochen wird in der Regel Deutsch gesprochen – auf Wunsch aber auch Französisch.
Spielmann-Sirguey macht Werbung übers Internet. Sie hat sich bei einem Reiseportal einquartiert – da wird man besser gefunden. Die Kunden kommen hauptsächlich aus dem deutschsprachigen Raum. Viele Singles, 2/3 Frauen, das Alter liegt bei 40 +. Das größte Interesse ist während der Vor- und Nachsaison und im Sommer, aber auch im Winter finden sich Kunden für das Koch- und Sprachangebot.
Der Preis für eine Woche (30 Stunden) liegt je nach Angebot zwischen 300 und 450 Euro. Um Anreise und Unterkunft müssen sich die Gäste selbst kümmern – in der Villa gibt es zwei auch Appartements, aber meist wohnen die Gäste in der Stadt.
Warum nicht Kochen in der Pfalz, in Baden oder Franken?
Die kleine Koch- und Sprachschule profitiert natürlich von ihrer Lage: Mittelmeer, Süden und Sommer. Das ganze eingebettet in eine Wein- und Kultur-Landschaft. Trotzdem kann sie Vorbild für Aktivitäten hierzulande sein: Regionalität, Ursprünglichkeit und Nachhaltigkeit stehen bei der Zielgruppe hoch im Kurs.
Auch das Persönliche und Individuelle ist wichtig – es muss nicht immer die perfekte, edelstahlblitzende Profi-Küche sein und Oma’s Rezepte taugen zum Nachkochen. Kommt dann noch ein Backhaus, ein Fischteich, ein Weingut, eine Brennerei, Landschaft und etwas Kultur dazu – umso besser. Warum nicht mal zum Kochen in die Pfalz, nach Baden oder Franken? Auch als Weinhändler kann man von solchen Angeboten profitieren: Kochen mit Kunden – dort wo der Wein wächst.
Übrigens: nicht nur im Süden gibt es Zuschüsse für Tourismusentwicklung – Infra-Strukturentwicklung ist auch hierzulande ein Thema.